Die Gemeinde Balzers stimmt dem Referendum gegen den Landtagsbeschluss zum Bau des Binnenkanals zu


Protokoll der Gemeindeversammlung, gez. August Wolfinger, Heinrich Andreas Brunhart, Vertrauensmänner, sowie Vorsteher Basil Vogt und Johann Frick, Vertreter der Gemeinde [1]

15.8.1930, Balzers

Abschrift [des Referendumsbegehren]

Gegen den Landtagsbeschluss vom 7. Juli 1930, [2] wegen der Riedentwässerung, von der Regierung bekannt gemacht am 28. Juli 1930, lautend:

"a) das Binnenkanalprojekt vom Matschilser Bergle bis Balzers auszuführen, vorläufig jedoch nur

b) eine erste Teilstrecke von der Gampriner Mühle bis mit Einmündung in den Rhein bei der Landesgrenze, wobei die Möglichkeit offen gelassen wird, später als zweite Etappe den Kanal bis Matschilser Bergle weiter zu führen,

c) der nach dem Kostenvoranschlag für die erste Teilstrecke geforderte Kredit per zirka 1 1/2 Millionen Franken wird bewilligt,

d) über die weiteren Bau-Etappen soll später Beschluss gefasst werden.

e) Diese Beschlüsse wurden als nicht dringlich erklärt."

stellen die unterzeichneten Bürger von Balzers ein Gemeindebegehren (Art. 22 & 44 des Gesetzes über die politischen Volksrechte in Landesangelegenheiten vom 31. August 1922, [Landesgesetzblatt] Nr. 28) und der Gemeindegesetzgebung (§ 41, Ziffer 7, § 42) [3] mit dem Ersuchen um Beschluss der Gemeindeversammlung: "Es wird gegen den erwähnten Landtagsbeschluss ein Referendum um eine Volksabstimmung beschlossen."

Zur Begründung führen wir an:

Bei den in Frage stehenden Projekten ist sehr zu befürchten, dass der Gemeinde Ruggell nicht nur nicht geholfen ist, sondern dass der Boden noch mehr versumpft. Die einzige Abhilfe für Ruggell wäre der Bau des Kanals bis zur Illspitze.

Im Oberland treten Versumpfungserscheinungen besonders in Triesen, aber auch teilweise in andern Gemeinden auf. Der Landtagsbeschluss trägt diesen gegenüber für das Oberland zuwenig Rechnung und schiebt die Kanalisierung des Oberlandes auf unbestimmte Zeit hinaus, sodass das Oberland selber bei der leichten Handhabung der Gesetzgebung und des Umschwungs in der öffentlichen Meinung keine Garantie für das im Landtagsbeschluss enthaltene Versprechen erhielt. Wenn schon ein Kanal werden soll, sollte mindestens gleichzeitig das Oberland und Unterland berücksichtigt werden. Ein Finanzplan ist nicht bekannt, niemand weiss, wieviel das Land, die betreffenden Gemeinden und die Privaten, denen die Riedentwässerung zukommen soll, zu bezahlen haben.

Die Gemeinde Triesenberg hat zum Beispiel an die Bergstrasse 30% oder 115'000 Fr. bezahlen müssen. Die jährliche Landessteuer (Vermögens- & Erwerbsteuer) von rund 80'000 Fr. reicht nicht einmal zur Verzinsung der Kanalkosten aus, und andere Staatseinnahmen sind mehr oder weniger unsicher.

Balzers, den 12. August 1930

Es folgen 67 Unterschriften von Bürger der Gemeinde Balzers.

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Protokoll

über die Gemeindeversammlung vom 15. Aug. 1930, betreffend obigem Gemeindebegehren.

Obiges Begehren wurde vom Vorsteher der ganzen Versammlung wörtlich vorgelesen. Die Diskussion blieb unbenützt und es folgte dann die Abstimmung; mit Ja oder Nein.

Ja bedeutet: Es wird gegen den erwähnten Landtagsbeschluss eine Volksabstimmung beschlossen.

Nein bedeutet: Es soll der Kanal nach dem Landtagsbeschluss gebaut werden.

Ergebnis:

Abgegeben wurden 247 Stimmen.

Hievon sind 209 Ja, 19 Nein, 14 leer, & 5 ungültig. [4]

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[1] LI LA RE 1930/5163 ad 3194.
[2] LI LA LTP 1930/132.
[3] Das Gemeindegesetz vom 24.5.1864, LGBl. 1864 Nr. 4.
[4] Gleichlautende Referendumsbegehren wurden auch in Triesenberg und Triesen gestellt. Die für das Referendum notwendigen drei übereinstimmenden Gemeindeversammlungsbeschlüsse kamen mit grosser Mehrheit zustande. Triesenberg stimmte dem Referendum am 15.8.1930 mit 169 gegen 8 Stimmen zu (LI LA RE 1930/5187 ad 3194), Triesen am 18.8.1930 mit 110 gegen 70 Stimmen (LI LA RE 1930/5245 ad 3194).