Die Schweizer Armee lehnt eine längere Offenhaltung der Rheinbrücken gegen Liechtenstein während der Nachtstunden ab


Maschinenschriftliches Schreiben des Territorialkommandos VII an den liechtensteinischen Landesverweser Leopold von Imhof [1]

18.5.1916, St. Gallen

Unterm 2. Mai pto. übersandten Sie in einer Zuschrift ein Gesuch mehrerer liechtensteinischer Gemeinden, dahingehend, dass die Rheinbrücken Balzers-Trübbach, Vaduz-Sevelen, Schaan-Buchs und Bendern-Haag erst um abends 11 Uhr geschlossen werden. [2]

Das Begehren wird damit begründet, dass es eine wesentliche Erleichterung und Förderung der geschäftlichen Beziehungen wäre, wenn es ermöglicht würde, ab dem um 10 Uhr abends aus Rorschach in Buchs einlangenden und von dort nach Sargans verkehrenden Zug, über die Rheinbrücken nach Lichtenstein gehen zu können.

Wir können dem Gesuche nach Anhörung unserer Organe und Prüfung der Frage leider nicht entsprechen. Es diktieren uns nachstehende Momente erwähnte Schlussnahme:

1. Durch den Wiederbetrieb des Nachtschnellzuges 10.55h Buchs-Feldkirch ist Gelegenheit geboten, abends noch nach Feldkirch zu kommen. [3]

2. Mit der spätern Schliessung wäre die Grenzkontrolle erschwert. Wie uns von der Zollbehörde mitgeteilt wird, wird z.B. die Visitation von Frauen durch die Frau des Grenzwächters besorgt. Es kann Letzterer nicht zugemutet werden, jeden Abend bis 11 Uhr zur Verfügung zu stehen. [4]

3. Durch den nun angebrachten Glockenzug über die Rheinbrücke bei Trübbach kann in Notfällen (ärztlicher Beistand) während der Nachtzeit zur Öffnung des Brückentors die schweizerische Grenzwache herbeigerufen werden. [5]

Wir glauben damit unsere Stellungnahme begründet zu haben und versichern Sie unserer

vorzüglichen Hochachtung [6]

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[1] LI LA RE 1916/2106 ad 1717. Die Unterschrift des betreffenden Majors ist unleserlich. Das Schreiben langte am 26.5.1916 bei der liechtensteinischen Regierung ein.
[2] Vgl. das Schreiben von Regierungssekretär Josef Ospelt an das Territorialkommando VII in St. Gallen vom 2.5.1916 (LI LA RE 1916/1758 ad 1717r). Diesem Ersuchen lagen die Eingaben der Gemeinden Vaduz und Schaan an die Regierung vom 25.4. und 27.4.1916 zugrunde (LI LA RE 1916/1717 (Aktenzeichen: 249); LI LA RE 1916/1758 ad 1717).
[3] Mit Bleistift ergänzt: "richtig 10.22 seit Mitte Mai P.Z. [Personenzug]".
[4] Mit Bleistift wurde bei diesem Absatz ein Fragezeichen hinzugesetzt.
[5] Das Eidgenössische Militärdepartement hatte der liechtensteinischen Regierung mit Schreiben vom 13.4.1916 mitgeteilt, dass gegen die Erstellung einer Läutvorrichtung an der Rheinbrücke in Trübbach mit Verbindung zum dortigen schweizerischen Zollamt keine Bedenken bestünden (vgl. LI LA RE 1916/1625 ad 1313 (Aktenzeichen des EMD: 99/1 (3))).
[6] Landesverweser Leopold von Imhof und Regierungssekretär Josef Ospelt orientierten die Gemeindevorstehungen von Vaduz und Schaan sowie Armin Arbenz, den Direktor der Fabrik Jenny, Spörry & Cie in Triesen, mit Schreiben vom 27.5.1916 über die ablehnende Antwort des Territorialkommandos in St. Gallen (LI LA RE 1916/2106 ad 1717r). Arbenz war bei der Regierung mündlich für die längere Offenhaltung der Rheinbrücken eingeschritten (ebd.).