Rechtsanwalt Ludwig Marxer wendet sich gegen die Ungleichbehandlung liechtensteinischer und schweizerischer Holdinggesellschaften durch die Schweizer Nationalbank


Schreiben von Rechtsanwalt Ludwig Marxer an die Regierung [1]

29.4.1938, Vaduz

Beigeschlossen übersende ich Ihnen eine Abschrift des mir zugekommenen Schreibens der Nationalbank vom 28. ds. Mts., [2] aus dem bedauerlicherweise zu ersehen ist, dass wieder mit ungleichem Masse gemessen wird.

Die liechtensteinischen Holdinggesellschaften sollen also nicht so behandelt werden wie die schweizerischen Holdinggesellschaften. Das sind ganz unhaltbare Zustände und ersuche ich die fürstliche Regierung höfl. bei der Schweiz vorstellig zu werden und darauf hinzuweisen, dass etwas derartiges zu unhaltbaren Verhältnissen führen muss. Schon bei den Transfer- und Clearingverhandlungen [3] ist Liechtenstein bis heute immer schlechter behandelt worden als die Schweiz. Heute aber liegt hiezu umso weniger Veranlassung vor, als durch diese ungleiche Behandlung und die jüngsten Ereignisse die Zahl der liechtensteinischen Holdings ohnedies enorm zurückgegangen ist.

Ich bin der Ansicht, dass die liechtensteinische Regierung nun endlich sagen muss, dass es so nicht mehr weiter gehen darf, wenn Liechtenstein weiter leben will.

Übrigens ist der Aktionär der Stira Aktiengesellschaft liechtensteinischer Staatsbürger mit Wohnsitz hier. Das werde ich selbstverständlich der schweiz. Nationalbank mitteilen.-

Wie ich informiert bin, sind die Aktionäre der Mittersill Aktiengesellschaft eine echt schweizerische Gesellschaft. Die Leute werden sich also auch von sich aus wehren.-

Ich bitte die fürstliche Regierung bei der Nationalbank vorstellig zu werden, dass eine unbedingte Gleichstellung liechtensteinischer Finanzgesellschaften mit den schweizerischen Finanzgesellschaften herbeigeführt wird, denn sonst wird es keinem Menschen mehr im Traume einfallen, in Liechtenstein eine Gründung durchzuführen und das kann der Zweck des Zollvertrages nicht sein. Liechtenstein will ja nicht besser gestellt sein, aber auch nicht schlechter als die Schweiz.

Mit vorzüglicher Hochachtung

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[1] LI LA RF 136/459/150.
[2] Die Schweizerische Nationalbank teilte Ludwig Marxer mit Schreiben vom 28.4.1938 mit, dass die Anmeldung der Mittersill AG und der Stira AG über Einzelforderungen und Grundbesitz in Österreich nicht berücksichtigt werden könne. Die in der Schweiz durchgeführte Erhebung erstrecke sich nicht auf im Fürstentum Liechtenstein domizilierte Finanzgesellschaften (LI LA RF 136/459/144).
[3] Vgl. etwa die Note des Eidgenössischen Politischen Departements an die Regierung vom 31.7.1934 (LI LA RF 136/459/061).