Der Landtag beschliesst, den Zollvertrag mit Österreich aufzulösen


Handschriftliches Protokoll der Landtagssitzung, gez. Schriftführer Johann Wohlwend und Wilhelm Beck [1]

2.8.1919

6.) Antrag betr. Aufkündigung des Zollvertrages

Der Antrag lautet: [2]

  1. Der Landtag beschliesst, es sei der im Jahre 1876 abgeschlossene und seit 1919 provisorisch verlängerte Zollvertrag [3] im Verhandlungswege aufzukündigen.
  2. Der Landtag erklärt, dass er die Auflösung des Zollvertrages mit Rücksicht auf die internationalen Verhältnisse als dem Lebensinteresse des Staates als notwendig erachtet, um die zukünftigen wirtschaftlichen Beziehungen des Landes ungehindert regeln zu können.
    Der Landtag erklärt ferner, dass weder durch den Auflösungsbeschluss noch durch die Auflösung des Vertrages selbst ein unfreundlicher Akt gegen Deutschösterreich begangen werden soll; einzig die Wahrung der vitalen Interessen des Landes veranlassen ihn dazu.
  3. Die Regierung wird ersucht, gleichzeitig mit der Auflösung die Verhandlungen wegen eines provisorischen Abkommens mit Deutschösterreich über den gegenseitigen Verkehr und Warenaustausch aufzunehmen, ebenso mit der Schweiz, für die Zeit, als die definitiver Zollanschluss an irgend einen Staat nicht abgeschlossen ist. Zu diesen Verhandlungen sind vom Landtage bestellte Personen beizuziehen.
  4. Die Regierung wird ersucht, diesen Beschluss nach seiner Sanktion sofort zu vollziehen.

Zur Sache sprechen Vizepräsident [Friedrich] Walser, Dr. Beck und Wohlwend, worauf der Antrag einstimmig angenommen wird.

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[1] LI LA LTA 1919/S04.
[2] Der Text des Antrags wurde aus einem Artikel in den "Oberrheinischen Nachrichten" (O.N., Nr. 58, 6.8.1919, S. 1 ("Die Kündigung des Zollvertrages")) ausgeschnitten und ins Protokoll eingeklebt. Ein Entwurf des Antrags unter LI LA LTA 1919/L33.
[3] "Vertrag zwischen Seiner Majestät dem Kaiser von Österreich und apostolischen Könige von Ungarn und Seiner Durchlaucht dem souverainen Fürsten von Liechtenstein über die Fortsetzung des durch den Vertrag vom 5. Juni 1852 gegründeten Österreichisch-Liechtenstein'schen Zoll- und Steuervereines" vom 2.12.1876 (LGBl. 1876 Nr. 3). Liechtenstein hatte bei einer Besprechung in Feldkirch am 6.12.1918 mit Vertretern des Landes Vorarlberg das Weiterbestehen der Staatsverträge zwischen Österreich-Ungarn und Liechtenstein betreffend Zölle, Monopole, Verzehrungssteuern "provisorisch" anerkannt (LI LA RE 1918/5226 ad 2/5068).