Landesverweser Leopold von Imhof verwendet sich beim Eidgenössischen Militärdepartement für die Öffnung der während der Nacht gesperrten Rheinbrücke Balzers-Trübbach in medizinischen Notfällen


Handschriftliches Konzeptschreiben des liechtensteinischen Landesverwesers Leopold von Imhof an das Eidgenössische Militärdepartement [1]

30.3.1916 

An das geehrte schweizerische Militär-Departement Bern

Die Gemeinde Balzers hat hieramts die Bitte vorgebracht, es ihren Bewohnern zu ermöglichen, in dringenden Fällen auch zur Nachtzeit den in der naheliegenden Ortschaft Trübbach ansässigen Arzt Dr. Otto Gräminger [Grämiger] herbeizurufen. [2] 

Diese Bitte erscheint begründet, da die Bewohner der genannten Gemeinde sonst auf den in Vaduz, also über 8 Kilometer entfernt wohnhaften Arzt, angewiesen sind, und somit die Gefahr nahe liegt, dass bei Entbindungen und in anderen dringenden Fällen ärztliche Hilfe nicht mehr rechtzeitig eintrifft. Auch besorgt der vorgenannte schweizerische Arzt bisher die ärztliche Praxis in Balzers fast ausschliesslich. 

Die f. R. [fürstliche Regierung] beehrt sich bei dieser Sachlage, die Bitte der Gemeinde Balzers der tunlichsten Berücksichtigung zu empfehlen. 

Derselben könnte dadurch Erfüllung geschaffen werden, dass vor dem Tor der Rheinbrücke zum schweizerischen Zollhause ein Klingelzug geführt würde, mittels welcher das Zollorgan des Nachts zum Öffnen des Tors herbeigerufen werden könnte. [3] Diese Läutevorrichtung würde auf hiesige Kosten erstellt. 

Es würde sich somit darum handeln, dass das geehrte [Militärdepartement] die Vornahme dieser Arbeit gestattet und das schweizerische Zollorgan angewiesen würde, bei nächtlichem Aufruf der zum Arzte entsandten Person und dem Arzte das Tor zu öffnen. [4]

Über Wunsch würde dem belastenden Zollorgan auch eine fallweise Entlohnung für seine Mühewaltung ausgesetzt. [5]

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[1] LI LA RE 1916/1313. Reingeschrieben am 30.3.1916 von David Strub.
[2] Die Schweizer Armee hatte Ende August 1914 die liechtensteinisch-schweizerische Grenze grundsätzlich während der Nachtstunden gesperrt (vgl. etwa die diesbezügliche Kundmachung in: L.Vo., Nr. 35, 29.8.1914, S. 4 („Grenzbesetzung 1914").
[3] Dagegen habe die Gemeinde Balzers gegenüber dem schweizerischen Zollamt in Trübbach erklärt, dass die Gemeinde kein Gesuch um die Erstellung eines Glockenzuges bei der Rheinrücke eingereicht habe und sich daher auch nicht veranlasst sehe, den Glockenzug erstellen zu lassen (Schreiben der Direktion des III. schweizerischen Zollkreises in Chur an Landesverweser Leopold von Imhof vom 25.4.1916 (LI LA RE 1916/1868 ad 1313 (Aktenzeichen der Zolldirektion: 11/29.11))). Von Landesverweser Imhof wurde dies am 8.5.1916 dementiert und der Zolldirektion mitgeteilt, dass der gedachte Glockenzug mittlerweise bereits erstellt worden sei. (ebd. revers).
[4] Das Eidgenössische Militärdepartement unter Bundesrat Camille Decoppet teilte Landesverweser Imhof nach Rücksprache mit dem Zolldepartement am 13.4.1916 mit, dass gegen die Erstellung einer Läutevorrichtung vom Rheinbrückentor in Trübbach zum dortigen schweizerischen Zollamt keine Bedenken bestünden (LI LA RE 1916/1625 ad 1313 (Aktenzeichen des EMD: 99/1 (3))).
[5] Die Zolldirektion in Chur setzte mit Schreiben an Landesverweser Imhof vom 20.4.1916 die von den Bewohnern der Gemeinde Balzers zu entrichtende Gebühr für die Inanspruchnahme des Zollpersonals zur Öffnung bzw. Schliessung des Brückentores in Krankheitsfällen für jede angebrochene Stunde auf 1 Franken fest (LI LA RE 1916/1697 ad 1313 (Aktenzeichen der Zolldirektion: 11/29.9)). Vgl. die diesbezügliche Mitteilung in: L.Vo., Nr. 17, 28.4.1916, S. 1 („Verkehr").