Regierungschef Josef Hoop bemüht sich über private Kontakte, der deutschen Pressekampagne gegen Liechtenstein entgegenzutreten


Schreiben von Regierungschef Josef Hoop an Otto Strack, Köln [1]

7.3.1933

Sehr geehrter Herr Justizrat!

Ich bitte Sie, zu verzeihen, wenn ich mir erlaube, in nachstehender Angelegenheit um Ihre geschätzte Wohlmeinung zu bitten:

Es dürfte Ihnen bekannt sein, dass namentlich in der letzten Zeit im Zusammenhang mit der Affäre Rotter in der deutschen Presse ganz ungerechtfertigte Auslassungen über liechtensteinische Verhältnisse zu finden waren. Die einen Blätter haben unser Land als den Zufluchtsort aller Schieber und Gauner bezeichnet, andere werfen uns illoyale Konkurrenz in Steuersachen vor u.s.w. u.s.w. [2] Die Ziffern, die hiebei genannt werden, sind masslos übertrieben, sowohl hinsichtlich des in hiesigen Gesellschaften investierten Kapitals, als auch hinsichtlich der Neubürger und der im Lande wohnhaften Fremden. Ich habe die Befürchtung, dass selbst den massgebenden deutschen Kreisen die tatsächlichen Verhältnisse in unserem Lande unbekannt sind und würde grosses Gewicht darauf legen, Gelegenheit zu bekommen, vielleicht in persönlichen Aussprachen auf alle Vorwürfe einzugehen, die uns gemacht worden sind. Ich bin dann überzeugt, dass die deutsche Regierung an Hand unserer amtlichen Zahlen ein ganz anders Bild bekommen wird.

Ich erinnere mich, dass in früheren Jahren Herr Staatssekretär Dr. Otto Meissner Ihr Gast auf Masescha war und glaubte mir die Anfrage gestatten zu dürfen, ob nicht ein direktes Herantreten an Herrn Dr. Meissner opportun wäre. Wenigstens könnte uns Herr Dr. Otto Meissner den richtigen Weg weisen oder vielleicht eine Stelle angeben, an die ich mich in Berlin wenden könnte. Von der Benützung des diplomatischen Weges möchte ich lieber absehen, weil ich überzeugt bin, dass eine persönliche Aussprache bessere Abklärung brächte. Dürfte ich Sie nun, sehr geehrter Herr Justizrat, bitten, mir zu sagen, ob ein diesbezügliches Schreiben an Herrn Dr. Meissner opportun wäre, oder hätten Sie vielleicht die grosse Güte, in Berlin zu sondieren. Ich wäre Ihnen für jeden Schritt, den Sie im Interesse unseres ungerechtfertigt angegriffenen Landes tun, ausserordentlich dankbar. Ich darf noch beifügen, dass uns an einer ehesten Bereinigung von Differenzen viel gelegen ist.

Ihren geschätzten Nachrichten mit grossem Interesse entgegensehend, bitte ich Sie, sehr geehrter Herr Justizrat, den Ausdruck meiner vorzüglichsten Hochachtung und meines verbindlichsten Dankes entgegenzunehmen.

Mit vorzüglichster Hochachtung 

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[1] LI LA RF 131/409/075.
[2] Zur deutschen Pressekampagne gegen Liechtenstein vgl. die Zeitungsausschnitte in LI LA RF 131/409.