Der Landtag nimmt das neue Fremdenpolizeiabkommen mit der Schweiz zur Kenntnis


Protokoll der Konferenzsitzung des Landtags, ungez. [1]

12.12.1940

1.) Orientierung über die fremdenpolizeilichen Abmachungen mit der Schweiz

Reg.Chef [Josef Hoop]: Vorerst möchte ich ersuchen, diese Ausführungen als streng vertraulich zu behandeln, da wir vermeiden möchten, dass vor Abschluss des Abkommens etwas in die Öffentlichkeit kommt uns evtl. den Gang der Dinge erschweren könnte. Es wird in kürzester Zeit Gelegenheit geben, die Öffentlichkeit darüber aufzuklären und die Abmachungen zu veröffentlichen. [2] Als Niederschlag von vielen Verhandlungen hat sich folgendes herauskristallisiert.

Die Liechtensteiner werden in der Zukunft in der Schweiz volle Freizügigkeit haben. Sowohl der Selbständig Erwerbende, als auch der unselbständig Erwerbende haben inskünftig Anspruch auf Niederlassung und Arbeitsbewilligung in der Schweiz, es sei denn, dass andere persönliche Gründe dagegen sprechen wegen Bestrafung, Ausweisung etz. Als Ausnahmen gelten folgende:

  1. die liechtensteinischen Neubürger, die nach dem 1. Jänner 1924 eingebürgert worden sind,
  2. jene Liechtensteiner, die die letzten 5 Jahre mit wesentlichen Unterbrüchen nie in Liechtenstein wohnhaft gewesen sind d.h. jene Liechtensteiner, die die letzten 5 Jahre die meiste Zeit im Auslande wohnhaft gewesen sind,
  3. Kommt als weitere Einschränkung: Wenn Soldaten und Wehrmänner zurückkehren und ein Liechtensteiner während der Zeit ihres Dienstes den Platz dieses Wehrmannes angenommen hat, müsste der Liechtensteiner diesen Platz räumen. Das trifft übrigens auch für die Schweizer zu.
  4. Eine weitere Ausnahme betrifft die Saisonarbeiter. In Fällen von ausgesprochener saisonmässiger Arbeitslosigkeit könnte zwischen der Regierung und dem Bundesrat vereinbart werden, dass auch die liechtensteinischen Saisonarbeiter bis maximum 3 Monate nach Liechtenstein zurückgezogen werden.

Das sind die Grundsätze, die bei dem Abkommen vorherrschend waren. Was wir dagegen bieten mussten ist folgendes:

a/ Gleichbehandlung der Schweizer in Liechtenstein

b/ Die Übernahme der fremdenpolizeilichen Gesetzgebung der Schweiz.

Das heisst, die liecht. Regierung darf Aufenthaltsbewilligung an Drittausländer nur geben im Einverständnis mit der Eidg. Fremdenpolizei. Das ist in grossen Zügen der Inhalt des Abkommens. Diese Vereinbarung soll in den nächsten Tagen im Bundesrat behandelt werden. Hinsichtlich der Einbürgerung besteht die Vorschrift, dass die Regierung dafür Sorge trägt, dass durch die Einbürgerungspraxis die schweizerischen fremdenpolizeilichen Vorschriften nicht umgangen werden. Wir müssten also in Zukunft die Fälle von Einbürgerungen den Schweizer Behörden unterbreiten und sie würden uns mitteilen, was sie über den Fall wissen etz.

Wichtig ist auch, dass der Gewerbetreibende von Liechtenstein hinüber kann, wenn er jeden Tag heimkehrt, sonst hat er sich polizeilich anzumelden.

[Florian] Kindle: Wenn dieses Abkommen zustandekommt, so darf der Liechtensteiner froh sein. Viele sind sich jedenfalls kaum bewusst der Vorteile, die dadurch dem Liechtensteiner geboten werden.

Der Landtag nimmt mit Befriedigung von dieser Vereinbarung Kenntnis und weitere Anregungen werden keine gemacht.

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[1] LI LA LTP 1940/098.
[2] Vereinbarung zwischen Liechtenstein und der Schweiz vom 23.1.1941 über die Regelung der fremdenpolizeilichen Beziehungen (LGBl. 1941 Nr. 4).