Moses Strauss entschuldigt die Schulabwesenheit seiner Tochter Edith


Schreiben von Moses Strauss an die Regierung [1]

25.11.1941, Schaan

In dem Schreiben der Fürstl. Regierung vom 5.11.1941 wurde ich mit einer Busse von Frs. 100.- belegt, weil ich meine schulpflichtige Tochter [Edith] seit dem Herbst 1940 nicht mehr zur Schule schickte. [2]

Im Herbst 1940 habe ich meine Tochter ordnungsgemäss von der Landesschule abgemeldet, weil ich damals bestimmt erwartete, in kurzer Zeit meine Auswanderung durchführen zu können. Aus dem gleichen Grunde verkaufte ich in jener Zeit auch einen grossen Teil meiner Möbel und Haushaltungsgegenstände.

Es ist nicht meine Schuld, dass die im Herbst vorigen Jahres unmittelbar bevorstehende Abreise durch neue gesetzliche Bestimmungen und Erschwerungen immer wieder hinausgeschoben werden musste und dass ich auch heute trotz dauernder Verhandlungen mit dem amerik. Konsulat mein Ziel noch nicht erreicht habe.

Ausserdem hatte sich der Gesundheitszustand meiner Tochter im Herbst 1940 namentlich nach mehreren kurz aufeinanderfolgenden Mittelohrerkrankungen derartig verändert, dass ich mich veranlasst sah, sie während des ganzen Winters von November 1940 bis Ende April 1941 zuerst zur Höhenkur nach Davos und dann in den Tessin zu schicken, damit sie gesundheitlich den Beschwerden der Überfahrt besser gewachsen sei.

Sie war also fast während der ganzen restlichen Zeit ihrer Schulpflicht gar nicht in Liechtenstein, sondern in der Schweiz.

Ich bitte deshalb die Hohe Fürstliche Regierung, diese Angelegenheit in Wiedererwägung zu ziehen und von einer Verhängung der Busse abzusehen. [3]

Mit vorzüglicher Hochachtung

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[1] LI LA RF 188/326/002/003. Auf der Rückseite Vermerke zum weiteren Geschäftsgang: Regierungschef Josef Hoop leitete das Schreiben am 5.12.1941 "zur Erhebung über den Kuraufenthalt der Strauss" an das Sicherheitskorps weiter, wo es am 6.12.1941 unter der E.Nr. 1365 einlangte. Wachtmeister Josef Brunhart teilte der Regierung am 29.12.1941 mit, die Angaben seien korrekt. Schliesslich zahlte Strauss am 14.1.1942 der Landeskasse 50 Franken.
[2] LI LA RF 188/326/002/002.
[3] Der Landesschulrat reduzierte die Busse mit Schreiben vom 8.1.1942 auf 50 Franken (LI LA RF 188/326/003/004).