Der Landtag stimmt einer Abänderung der Bestimmungen zur Pauschalbesteuerung zu


Protokoll der öffentlichen Landtagssitzung, gez. (...) (Unterschrift unleserlich) und Landtagspräsident Anton Frommelt [1]

7.7.1930

Punkt 6.) Gesetz betreffend die Abänderung einzelner Bestimmungen des Steuergesetzes vom 11. Jänner 1923

Präsident: Ich möchte den Herrn Regierungschef [Josef Hoop] ersuchen, in der Sache zu referieren.

Es wird der bezügliche Regierungsentwurf vorgelesen. [2]

Reg.Chef: Wie die Herren wissen, haben wir seit dem Jahre 1920 die Möglichkeit bei uns, mit Sitzunternehmungen, mit Holdinggesellschaften, Steuerpauschalierungen zu treffen, [3] d.h. wir machen einen Vertrag mit der Gesellschaft, indem festgesetzt ist, was die Gesellschaft durch sagen wir 20 Jahre an jährlicher Steuer abzuführen hat. Weitere Steuern braucht die Gesellschaft nicht zu bezahlen. Diese Pauschalierungsmöglichkeit hat sich damals sehr bewährt. Im Steuergesetze vom Jahre 1923 [4] ist diese Bestimmung ausgemerzt worden, im Jahre 1924 aber in der bezüglichen Steuergesetznovelle wieder eingeführt worden. [5] Nun haben andere Staaten, auch einzelne Kantone der Schweiz, insbesondere aber Luxemburg gewisse Erleichterungen in der Besteuerung der Holdinggesellschaften und haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht. Eine solche Erleichterung bedeutet auch die Vorlage, indem in Zukunft die Steuerverwaltung nicht an die Ansätze, die verhältnismässig hohen Ansätze des Steuergesetzes gebunden sein soll, sondern sie soll ermächtigt sein, auch darunter herabzugehen. Wir sind überzeugt, dass diese Möglichkeit, mit der Kapitalsteuer auf ein Minimum herabzugehen, ein neuer Anreiz sein dürfte für die Gesellschaften, weil andere Staaten in der Lage sind, wesentlich günstigere Bedingungen den Gesellschaften einzuräumen. Nehmen wir an eine Gesellschaft von 10 Millionen Franken muss bei uns bezahlen 180'000 Fr. an Gründungsgebühren, Luxemburg verlangt nur 30'000 Fr. und die jährlichen Steuern, die in Luxemburg auch recht bescheiden sind. Wenn wir mit den jährlichen Steuern auch etwas heruntergehen können, so ist das eine gewisse Kompensation. Ein weiterer Anreiz besteht darin, dass die Dauer der Pauschalierung auf 30 Jahre hinaufgeschraubt werden kann.

Art. 2 sieht die Regelung des Rentnerpauschale auf einen Zeitraum von mehreren Jahren vor.

Zu Art. 3 bemerke, dass wir die Möglichkeit haben wollen, pauschaliter mit dem Erblasser die Steuer festzusetzen.

Von der Steuerverwaltung ist nachträglich noch eine Ergänzung zu Art. 3 begehrt worden. Diese lautet: “Diese Pauschalbesteuerung kann noch zu Lebzeiten des Erblassers für seinen gesamten Nachlass mit der Steuerverwaltung getroffen werden, in welchem Falle aber mindestens 50% der zu bezahlenden Erbschaftssteuern nach Schliessung der Vereinbarung auf Anrechnung zu bezahlen sind.”

Risch B. [Bernhard]: Ich finde die Abänderung sehr zeitgemäss.

[Joseph] Ospelt: Ich kann mich nur befürwortend dem Abg. Ferd. [Ferdinand] Risch [6] anschliessen. Es ist zweifellos ein praktisches Erfordernis der Zeit, dass diese Bestimmungen geschaffen werden, sonst hätte die Regierung zu diesem Schritte gewiss keine Zuflucht genommen.

Weniger zu dem heute vorliegenden Entwurf, als zur Pauschalierungsfrage überhaupt möchte ich nur meiner persönlichen Meinung dahin Ausdruck geben, dass immerhin die Befugnisse der Steuerverwaltung eigentlich ungeheuer weittragende sind, wenn wir bedenken, dass diese Entscheidung in einer Person vereinigt ist. Die Steuerverwaltung steht also oft vor Entscheidung wie die Regierung z.B. nicht jede Woche. Ich sehe dabei vom gegenwärtigen Inhaber der Steuerverwaltung [Ludwig Hasler] ab.

Präsident: Aus den gleichen Erwägungen heraus ist bereits in der Besprechung bei der Finanzkommission der Antrag gestellt worden und wird heute wiederholt, dass solche Abmachungen nicht Sache einer Person sein sollen, sondern entweder im Einverständnis mit der Regierung oder irgend einer Kommission. [7] Es wurde aber gesagt, dass das praktisch so gehandhabt werde.

Reg.Chef: Ich sagte in der Finanzkommission, dass gerade die Einfachheit der Besteuerungsabmachung bei uns einen wesentlichen Anreiz darstellt. Es gibt Länder, wo solche Abmachungen Monate lang dauern. Wenn aber die Entscheidung nur von einer Person abhängig ist und nicht weitere Instanzen die Genehmigung erteilen müssen, so ist das eine sehr willkommene Erleichterung. Gegenwärtig werden wieder Gesellschaften gegründet, allerdings kleinere. Steuerkommissär Hasler musste sich dann mit der Regierung ins Einvernehmen setzen. Wenn ich damit die Gesamtregierung verstünde, müsste die Regierung in Permanenz sitzen.

In der Praxis wird das so gemacht. Steuerkommissär Hasler sagt mir jeden Tag, was los ist. Es ist keine Ursache, da etwas zu ändern.

Rat Ospelt: Ich möchte das nicht als Antrag stellen.

B. Risch: Mir ist ein Fall bekannt, wo der Nachlass nicht erfasst werden konnte, auf Grund des heutigen Gesetzesentwurfes hätten wir ihn fassen können. Wir sind dann sozusagen leer ausgegangen.

Präsident: Es erfolgt sodann die zweite Lesung des Gesetzes artikelweise.

Walser [8]: Zu Art. 3. Ich möchte konstatieren, dass ich nicht gegen eine Pauschalbesteuerung bin, dem Betreffenden soll aber auch ein Rekursrecht offen stehen.

Reg.Chef: Das steht ihm auf Grund des Gesetzes offen.

Walser: Ich wünsche diese Bemerkung im Protokoll.

Die Abstimmung ergibt sodann

einstimmigen Beschluss:

Die Vorlage zum Gesetz zu erheben.

Präsident: Ich möchte festgelegt haben die Anregung, die betont wurde, dass die Sache nie allein von einer Person geregelt wird.

 

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[1] LI LA LTP 1930/129.
[2] Zum Gesetzesentwurf vgl. LI LA LTP 1930/100, zum endgültigen Text LGBl. 1930 Nr. 9.
[3] 1921 wurde in den Nachtragsbestimmungen zum Finanzgesetz für das Jahr 1921 der Regierung Befugnis gegeben, zur "Begünstigung der Niederlassung von Kreditinstituten und von Handels- oder Gewerbeunternehmungen [...] Steuer- und Gebührenpauschalierungen im zeitlichen Höchstausmasse von 30 Jahren zu vereinbaren" (LGBl. 1921 Nr. 8).
[4] LGBl. 1923 Nr. 2.
[5] LGBl. 1924 Nr. 7.
[6] Gemeint ist wohl Bernhard Risch.
[7] Zur Sitzung der Finanzkommission vgl. LI LA LTP 1930/096. Der genannte Antrag findet sich nicht im Protokoll.
[8] Friedrich oder Oswald Walser.