Die Schweiz lehnt eine Anerkennung der Maturaausweise des Collegium Marianum ab


Schreiben des Eidgenössischen Departements des Innern, gez. Bundesrat Philipp Etter, an Regierungschef Josef Hoop [1]

23.12.1941

Anerkennung der Maturitätsausweise des Realgymnasiums Vaduz

Herr Regierungschef,

Sie unterbreiteten unserm Departement am 30. September d.J. das Gesuch, es möchten die durch das Realgymnasium Vaduz ausgestellten Maturitätsausweise nach Typus B im Sinne der Verordnung vom 20. Januar 1925 über die Anerkennung von Maturitätsausweisen durch den schweizerischen Bundesrat [2] für die Zulassung zu den eidgenössischen Prüfungen für medizinische Berufsarten (Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Tierärzte), zu den eidgenössischen Prüfungen für Lebensmittelchemiker sowie für den prüfungsfreien Eintritt in das erste Semester jeder Fachschule der Eidgenössischen Technischen Hochschule anerkannt werden. [3]

Wir haben die Ehre, Ihnen zur Kenntnis zu bringen, dass wir die Prüfung Ihrer Eingabe nunmehr abgeschlossen haben. Das Ergebnis besteht leider darin, dass es uns unmöglich ist, Ihrem Wunsche zu entsprechen.

Die Gründe, die uns zu diesem Entscheid führten, sind folgende: Einmal mussten wir auf Grund unserer Erhebungen feststellen, dass das Collegium Marianum in Vaduz den Charakter einer Privatschule trägt. Nach konstanter Praxis können jedoch auch schweizerische Privatschulen keine eidgenössische Anerkennung ihrer Maturitätszeugnisse erhalten. Aber selbst wenn es sich bei der in Frage stehenden Anstalt um ein staatliches Institut handelte, könnte Ihrem Gesuche keine andere Folge gegeben werden, da die schweizerische Gesetzgebung nur die Anerkennung schweizerischer Maturitätsschulen vorsieht (Verordnung über die Anerkennung von Maturitätsausweisen durch den schweizerischen Bundesrat, Art. 2, 3, 7).

Anderseits steht es den Schülern des Realgymnasiums Vaduz jedoch frei, sich der eidgenössischen Maturitätsprüfung zu unterziehen, allerdings mit der Einschränkung, dass gemäss Art. 1, Abs. 2 und 3 des Reglementes für die eidgenössischen Maturitätsprüfungen vom 20. Januar 1925 [4] nur Schweizerbürger zu den Prüfungen für medizinische Berufsarten Zutritt erhalten dürfen. Dagegen ist es nach Art. 1, Abs. 4 dieses Reglementes den Schülern des Realgymnasiums, die die eidgenössische Maturitätsprüfung bestehen, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit möglich, die eidgenössischen Prüfungen für Lebensmittelchemiker abzulegen oder sich für den prüfungsfreien Eintritt in das erste Semester jeder Fachschule der Eidgenössischen Technischen Hochschule anzumelden.

Was endlich die andern, durch die beiden genannten eidgenössischen Erlasse nicht erfassten Berufsarten betrifft, bleibt es den Kantonen unbenommen, die Zulassung zu den betreffenden kantonalen Hochschulen auf Grund eines liechtensteinischen Maturitätsausweises zu gewähren.

Indem wir nochmals unserm Bedauern, diesen Standpunkt einnehmen zu müssen, Ausdruck verleihen, bitten wir Sie, Herr Regierungschef, die Versicherung unserer ausgezeichneten Hochachtung zu genehmigen.

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[1] LI LA RF 188/307/008. Aktenzeichen: 7.1.4.-3 AH/Kn. Im Original stenographischer Vermerk.
[2] AS, 1925, Bd. 41, S. 25-33.
[3] LI LA RF 188/307/006.
[4] AS, 1925, Bd. 41, S. 34-46.