David Strub ersucht den Landesschulrat erneut, gemeinschaftlichen Privatunterricht für Mädchen am Collegium Marianum zu gestatten


Schreiben von David Strub an den Landesschulrat [1]

20.10.1941, Vaduz

Wie der fürstl. Landesschulbehörde bekannt ist, wurde am 14. Oktober wegen des Privat-Unterrichtes für einige Mädchen eine Polizeimassnahme durchgeführt. [2] Dass diese Massnahme für die betroffenen Eltern fast unfasslich war und von denselben nur mit grösstem Bedauern zur Kenntnis genommen werden konnte, glauben wir der fürstl. Landesschulbehörde kaum näher schildern zu müssen.

Verfassungs- und gesetzmässig ist jedem Bürger des Staates erlaubt, Privat-Unterricht zu nehmen bezw. seinem Kinde einen solchen erteilen zu lassen. Ausdrücklich ist im Gesetze festgehalten, dass dieser Unterricht als Einzelunterricht oder als gemeinschaftlicher Unterricht zulässig ist (Art. 96ff. L.G.Bl. No. 13 Jg. 1929).

Da der fürstl. Landesschulrat diese gesetzlichen Rechte, allerdings mit einigen Einschränkungen, garantierte, [3] hatten die fraglichen Eltern für ihre Kinder einen Privat-Unterricht bereits erwirkt und durch die Schule am Collegium Marianum erhalten.

Mit Einschreibebrief vom 14. Oktober erklärte die Schulleitung des Collegiums, dass der Privat-Unterricht abgebrochen sei, wegen der eingangs erwähnten Massnahmen. [4]

Wir Eltern sind hiedurch aufs Schwerste getroffen. Nach einer Reihe von Aussprachen, durch die die Bedenken, die den Landesschulrat zu den bekannten Einschränkungen veranlasst haben, entkräftet sein dürften, erlauben wir uns, nachstehend nocheinmal das Ersuchen an Sie zu richten, den wenigen, der fürstl. Landesschulbehörde bekannten Kindern, den genehmigten Privatunterricht als gemeinschaftlichen Privat-Unterricht am Collegium Marianum gestatten zu wollen. Die Leitung der Anstalt wird aus begreiflichen Gründen den Privat-Unterricht so lange ablehnen, als die Regelung nicht einwandfrei dargetan ist.

Wir wären Ihnen sehr zu Danke verpflichtet, wenn Sie eine günstige Regelung in vorstehendem Sinne treffen würden. [5]

Um nun im Unterricht keinen zu grossen Zeitunterbruch eintreten zu lassen, wären wir für baldmöglichste Gesuchsstattgebung verbunden.

Ihren gesch. Nachrichten entgegensehend, zeichnet im Auftrage der beteiligten Eltern

hochachtungsvoll

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[1] LI LA RF 188/299/001/033r.
[2] Vgl. LI LA RF 188/299/001/032v.
[3] Der Landesschulrat hatte Einzelunterricht erlaubt, Klassenunterricht jedoch untersagt (LI LA RF 188/299/001/030).
[4] LI LA RF 188/299/001/031.
[5] Der Landesschulrat entschied Anfang November, an seinem bisherigen Standpunkt festzuhalten und Gemeinschaftsunterricht für Mädchen nicht zu gestatten (LI LA RF 188/299/001/033v). Die von Strub angeführte Elterngruppe unternahm in der Folge weitere Versuche, ihren Töchtern Privatunterricht zu ermöglichen, die jedoch alle erfolglos blieben. Am 28.10.1941 sandte Strub der Regierung eine Eingabe um Wiedererwägung der Angelegenheit. Die Regierung beschloss mit den Stimmen von Regierungschef Josef Hoop und Regierungsrat Johann Georg Hasler und bei Stimmenthaltung von Anton Frommelt, auf dem "Beschlusse zu beharren" (LI LA RF 188/299/001/034, 035). Am 5.11.1941 ersuchten Strub, Olga Preuss, Rosa Batliner und Emil Real den Landesschulrat, ihren Töchtern gemeinschaftlichen Sprachunterricht am Marianum zu genehmigen (LI LA RF 188/299/001/037). Am 20.12.1941 stellten dieselben Eltern dann das Gesuch, ihre Töchter durch eine schweizerische Lehrerin unterrichten lassen zu dürfen, was vom Landesschulrat "mehrheitlich" abgelehnt wurde (LI LA RF 188/299/001/042). Schliesslich führte auch eine Klage beim Staatsgerichtshof nicht zum Erfolg, vgl. LI LA RF 188/299/001/043-046 (Klage vom 19.1.1942); LI LA RF 188/299/001/051-056 (Beschwerdebeantwortung durch den Landesschulrat vom 20.2.1942); LI LA RF 188/299/001/058 (Entscheid des Staatsgerichtshofs vom 30.5.1942).