Die Polizei untersucht, ob am Collegium Marianum verbotenerweise Klassenunterricht für Mädchen erteilt wird


Bericht des Sicherheitskorps, gez. Wachtmeister Josef Brunhart, an die Regierung [1]

14.10.1941

Zu umstehenden Auftrage der fürstlichen Regierung [2] wird nach Erhebung durch Schutzm. [Karl] Gantner berichtet:

Elsa Batliner, Tochter von Frau Dr. [Rosa] Batliner in Vaduz gibt auf Befragen an, dass sie, Edith Strauss, Inge Preuss u. Gertrud Strub im Collegium Marianum in Vaduz Privatunterricht nehmen und zwar nicht etwa gemeinsam, jedoch im Sprachenunterricht in Englisch hätten alle 4 Mädchen gemeinsam Unterricht sowie auch in Französisch, wo auch noch die Anna Real teilnehme.

Gertrud Strub und Inge Preuss machten dieselben Angaben.

Frau Dr. [Olga] Preuss gab an, dass Regierungschef Dr. [Josef] Hoop und Regierungschef-Stellvertreter Dr. [Alois] Vogt den gemeinsamen Sprachenunterricht bewilligt hätten.

Direktor [Augustin] Knapp im Collegium Marianum gibt an: "Das Direktorat stützt sich auf die ganzen gesetzlichen Möglichkeiten. Zu den polizeilichen Erhebungen stellt das Direktorat die Anfrage, ob Unterricht erzieherische Förderung oder ein Verbrechen darstelle. Das Direktorat macht die Feststellung, dass jeder Unterricht Unterricht ist. Das Direktorat stellt die Gegenfrage:

  1. wer hat Anzeige erstattet,
  2. warum solche polizeiliche Massnahmen,
  3. steht die Schulaufsicht unter polizeilicher Aufsicht,
  4. oder muss dies als eine Aktion, Schikane oder Belästigung betrachtet werden?
  5. Das Direktorat ersucht um die sofortige Rückgängigmachung dieser kränkenden Massnahmen und betrachtet sie auch als unvereinbar mit der Schulhochheit, die Unterstützung des Staates bei Jugendlichen und eines jeden menschlichen Rechtes auf Freiheit und unterrichtliche Förderung sowie auf die spezifischen u. pädagogischen Fragen."
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[1] LI LA RF 188/299/001/032v. Unten auf dem Blatt stenographische und maschinenschriftliche Vermerke zum weiteren Geschäftsgang: Der Polizeibericht wurde am 15.10.1941 von der Regierung ans Marianum weitergeleitet mit der Frage, "ob die Erhebung des Schutzmannes Gantner mit Ihren Äusserungen voll übereinstimmt." Augustin Knapp sprach darauf am 16.10. bei Regierungschef Hoop vor und erklärte, "dass in dieser Form die Darstellung nicht voll zutreffe. Er anerkenne ganz selbstverständlich die Autorität und Entscheidungen des Landesschulrates und bedaure die Missverständnisse." Am 23.10. wurde der Bericht dann laut handschriftlichem Vermerk von Hoop ad acta gelegt.
[2] LI LA RF 188/299/001/032r. Die Regierung beauftragte aufgrund von Gerüchten, dass Mädchen in Klassen unterrichtet würden, die Polizei am 14.10.1941 mit der "sofortigen Befragung der Mädchen und des Kollegiums Marianum".