Die Verordnung betreffend die Abhaltung von Kundgebungen unter freiem Himmel wird von der Regierung neuerdings verlautbart


Bekanntmachung der Regierung, gez. Regierungschefstellvertreter Alois Vogt [1]

14.12.1938

Bekanntmachung

betr. die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung

Zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung hat die fürstliche Regierung beschlossen, die Bestimmungen der Verordnung vom 11. Dezember 1934, Nr. 15, betr. das Abhalten von Kundgebungen unter freiem Himmel [2] neuerdings zu verlautbaren:

Art. 1

Für Kundgebungen unter freiem Himmel und Demonstrationen jeder Art muss 3 Tage vor Abhaltung die Bewilligung der fürstlichen Regierung eingeholt werden (Unter Kundgebungen und Demonstrationen jeder Art sind auch zu verstehen: Aufmärsche in geschlossener Marschformation, ferner Ansammlungen mit dem offenkundigen Zweck der Provokation oder Bedrohung oder Einschüchterung der Öffentlichkeit.) [3]

Art. 2

Die Anstifter, Urheber und Teilnehmer einer von der Regierung nicht bewilligten Kundgebung unter freiem Himmel werden mit Geldstrafen von 2000 bis 10'000 Fr. oder Gefängnis von 1 bis 6 Monaten bestraft. Die Anstifter, Urheber und Teilnehmer einer von der Regierung nicht bewilligten Kundgebung vorbezeichneter Art haften solidarisch für die Geldstrafen. Beide Strafen können miteinander verbunden werden.

Art. 3

Ausländer, die sich gegen diese Verordnung verfehlen, werden unbeschadet der Straffolgen nach Art. 2 unverzüglich des Landes verwiesen.

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[1] LI LA RF 184/498/001. Die neuerliche Bekanntmachung der - ergänzten - Verordnung war eine Reaktion auf die Vorkommnisse nach der Eschner Rede von Regierungschef Josef Hoop am 11. Dezember 1938. Vgl. L.Va., 1938.17.12. Die Wiederverlautbarung erfolgte nicht im Landesgesetzblatt.
[2] Richtig: Verordnung vom 11. Dezember 1934 betreffend die Abhaltung von Kundgebungen unter freiem Himmel, LGBl. 1934 Nr. 15. Rechtsgrundlage für diese Verordnung war das Gesetz vom 30. Mai 1933 betreffend die Erteilung besonderer Vollmachten an die Regierung, LGBl. 1933 Nr. 8.  
[3] Diese interpretative Textpassage wurde in der Bekanntmachung vom 14. Dezember 1938 hinzugefügt.