Die Regierung orientiert die Ärzteschaft über die Schwierigkeiten beim Aufbau eines Sanitätsdienstes im Rahmen des Luftschutzes


Schreiben der Regierung, gez. Regierungschef Josef Hoop, an den Liechtensteiner Ärzteverein, zu Handen von Otto Schaedler [1]

8.2.1944

Auf Ihr Schreiben vom 6. Februar d.J. [2] teilen wir Ihnen folgendes mit:

Die Einrichtung eines Sanitätsdienstes hat sich in der Tat in äusserst unliebsamer Weise verzögert und zwar rührt dies daher, dass die Anmeldungen für unsere Samaritergruppen äusserst schwach waren. Auf unseren Aufruf hin haben sich im ganzen Lande 81 Personen gemeldet, davon 37 männliche und 44 weibliche, die sich wie folgt auf die einzelnen Gemeinden verteilen:

Vaduz: 10 weibliche,

Triesen: 8 männliche und 4 weibliche,

Triesenberg: 2 männliche und 2 weibliche,

Schaan: 9 männliche und 8 weibliche,

Planken: 1 männliche,

Eschen: 5 männliche und 4 weibliche,

Mauren: 12 männliche und 12 weibliche,

Ruggell: 3 weibliche,

Schellenberg; 1 weibliche.

In Balzers und Gamprin hat sich überhaupt niemand gemeldet. Es ist klar, dass mit diesen Zahlen, abgesehen vielleicht von Mauren, in keiner Weise das Auslangen gefunden werden kann, und wir sehen uns deshalb veranlasst, an die Jünglingsvereine und Jungfrauenkongregationen sowie die Pfadfinder zu gelangen und sie angelegentlich zu ersuchen, sich für den Sanitätsdienst zur Verfügung zu stellen. Auf diese Aufforderung hin hat bis jetzt einzig Balzers 14 männliche und 9 weibliche Personen namhaft gemacht, während Triesenberg meldet, dass sich keine einzige Person freiwillig gemeldet habe. Wir werden diesebzüglich unsere Bemühungen allerdings fortsetzen, kommen aber nicht darum herum, unser Bedauern über die weitgehende Interesselosigkeit in unserer Bevölkerung in dieser Angelegenheit festzustellen.

Was nun die Einrichtung eines Sanitätsdienstes, soweit es die Mitwirkung der Ärzte betrifft, anbelangt, haben wir mit dem Eidgenössischen Militärdepartement grundsätzlich ein Einvernehmen erzielt in dem Sinne, dass uns die schweizerischen Stellen an die Hand gehen werden. Aus den vom genannten Departement zur Verfügung gestellten Unterlagen scheint mir allerdings hervorzugehen, dass wir uns nicht vollinhaltlich an die schweizerische Regelung [3] anschliessen können. Die Verhältnisse sind dort doch wesentlich anders als bei uns. Das Militärdepartement schlägt auch seinerseits aus praktischen Erwägungen vor, uns eine Orientierung durch einen schweizerischen Luftschutzarzt geben zu lassen, z.B. durch den Dienstchef Sanität des Luftschutzbataillons St. Gallen. Sodann erklärte es sich bereit, liechtensteinische Ärzte zu schweizerischen Luftschutzübungen zuzulassen, wobei es bemerkt, dass solche Übungen aber voraussichtlich nicht vor März 1944 stattfinden. Diesen Anregungen soll in der nächsten Zeit Darnachachtung verschafft werden.

Wir werden Sie hierüber auf dem Laufenden halten und behalten uns vor, im Laufe dieses Monats oder zu sonst gebotener Zeit Sie nochmals zu einer Besprechung zu bitten.

Der Einfachheit halber richten wir dieses Schreiben in Abschrift an Ihre sämtlichen Kollegen.

Mit vorzüglicher Hochachtung

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[1] LI LA RF 220/187b/e.
[2] Darin erkundigte sich die Liechtensteiner Ärzteverein bei der Regierung nach dem Stand der Dinge hinsichtlich der gegen Fliegerangriffe zu treffenden Massnahmen (LI LA RF 220/187b).
[3] Siehe etwa den Bundesratsbeschluss vom 29. Juli 1943 über die Errichtung von Sanitätsposten und Bereitstellung von Sanitätsmaterial für die Zivilbevölkerung (LI LA RF 220/187b).