Die Regierung verweigert einem Triesenberger die Erteilung des politischen Ehekonsenses


Entscheidung der Regierung zuhanden des Advokaturbüros Schwendener in Buchs, gez. Regierungschef Josef Hoop [1]

11.5.1938

Entscheidung

(Art. 82 LVG) [2]

Die fürstliche Regierung hat in der Sitzung vom 5. Mai 1938, an welcher anwesend waren die Herren Dr. Josef Hoop [als] Regierungschef, die Regierungsräte Pfarrer [Anton] Frommelt und Arnold Hoop und als Protokollführer Sekretär [Ferdinand] Nigg auf Grund des vom Verhandlungsleiter durchgeführten Ermittlungsverfahrens vom ... in der Verwaltungssache des Herrn N1 von Triesenberg in Vaduz Nr. ... gegen die Verweigerung der für die Ausstellung des politischen Ehekonsenses erforderlichen Bestätigung nach Anhörung der Gemeindevertretung von Triesenberg entschieden:

1) Spruch-Verfügung und Kosten:

Der Beschwerde N1 wird keine Folge gegeben.

Vollstreckbarkeitsklausel:

...

Tatbestand und Entscheidungsgründe:

Am 5. April 1938 hat N1 aus Triesenberg derzeit in Vaduz Nr. ... um die Ausfertigung der für die Erteilung des Ehekonsenses nötigen Bestätigung angesucht. Die Gemeindevertretung von Triesenberg hat dieses Ansuchen N1 auf Grund des Gesetzes vom 16. September 1875 L.G.Bl. Nr. 4 abgewiesen. [3]

Gegen diesen abweislichen Bescheid hat N1 in offener Frist die Beschwerde an die fürstliche Regierung eingebracht. Die Regierung hat die Beschwerde der Gemeindevertretung Triesenberg übermittelt und diese hat die Angelegenheit am 1. Mai 1938 noch einmal besprochen. Die Gemeinde steht auf dem Standpunkte, dass es unmöglich erscheine, dass N1 einen eigenen Familienhaushalt führe. [4] N1 habe schon durch 10 Jahre nur für sich selbst sorgen müssen, habe aber nicht nur keinen Rappen erspart, sondern auch Kostgeldschulden aufgeschlagen und habe bei der Regierung um Unterstützung angesucht, damit er überhaupt heiraten könne. Bei einem so gearteten jungen Menschen müsse gesagt werden, dass er nicht in der Lage sei, eine Familie durchzubringen, er müsse als schlechter Haushalter im Sinne des Artikels 1 Abs. b des eingangs zitierten Gesetzes gelten.

Aus den Akten der fürstlichen Regierung ist zu ersehen, dass N1 zu folgenden Zeiten um Unterstützung angesucht hat:

1.) am 24. Dezember 1935,

2.) am 20. März 1936,

3.) am 20. März 1937,

4.) am 8. November 1937 ersuchte N1 um ein Darlehen.

5.) Am 20. Dezember 1937 [ersuchte N1] wieder um ein Darlehen. Dieses Darlehensgesuch begründete N1 mit seinen Heiratsabsichten.

Aus all diesen Tatsachen ist zu schliessen, dass der Standpunkt der Gemeindevertretung von Triesenberg begründet ist. Wenn schon ein lediger Mann sich nicht ohne Unterstützung durchbringt und dann überdies für die Eheschliessung schon Schulden machen muss, dann ist mit Bestimmtheit zu schliessen, dass er ein schlechter Haushalter ist und dass er im Falle seiner Eheschliessung nicht in der Lage wäre, seine Familie durchzubringen, ohne dass sie der heimatlichen Armenversorgung zur Last fallen müsste.

Zweifellos ist der Standpunkt der Gemeindevertretung Triesenberg mit den Verweigerungsgründen des Gesetzes von 1875 identisch. Die fürstliche Regierung hat bei diesem Sachverhalte entschieden, dass sich die Gemeinde Triesenberg zu Recht weigere, die Bestätigung für die Ausstellung des politischen Ehekonsenses auszustellen.

Rechtsmittelbelehrung (Art 85). Gegen diese Entscheidung kann binnen 14 Tagen seit Zustellung mündlich oder schriftlich Vorstellung beziehungsweise Beschwerde beim Staatsgerichtshof eingebracht werden.

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[1] LI LA RF 179/098/007.
[2] Gesetz vom 21. April 1922 über die allgemeine Landesverwaltungspflege (die Verwaltungsbehörden und ihre Hilfsorgane, das Verfahren in Verwaltungssachen, das Verwaltungszwangs- und Verwaltungsstrafverfahren), LGBl. 1922 Nr. 24. Art. 82 dieses Gesetzes behandelt die schriftliche Ausfertigung von Regierungsentscheidungen.
[3] Gesetz vom 16. September 1875 betreffend Vorenthaltung des politischen Ehekonsens, LGBl. 1875 Nr. 4. Siehe Art. 1 Abs. 1 lit. a, demzufolge Landesangehörigen der politische Ehekonsens vorenthalten werden darf, wenn diese eine Armenunterstützung genossen und dieselbe nicht rückvergütet haben. Nach lit. b leg.cit. darf der Ehekonsens ferner vorenthalten werden, wenn Landesangehörige durch Verschwendung ihres Vermögens oder durch vernachlässigte Erziehung ihrer Kinder den Beweis liefern, dass sie schlechte Haushalter sind.
[4] Siehe das Schreiben der Gemeindevorstehung Triesenberg an die Regierung vom 2. Mai 1938 (LI LA RF 179/098/006).