Der Landtag genehmigt zur Arbeitsbeschaffung ein Strassenbauprojekt in Triesen


Protokoll der öffentlichen Landtagssitzung, nicht gez. [1]

26.3.1936

5. Strassenbau Triesen

Präsident [Anton Frommelt]: Die Gemeinde Triesen ersucht um Arbeitsbeschaffung in grossem Umfange. Die Angelegenheit der Beschaffung von Arbeit für Triesen wurde schon mehrmals besprochen, aber es traten immer wieder Schwierigkeiten in den Weg, so dass es zur Ausführung eines grösseren Projektes nicht kam. Der Kredit für die Kanalfortsetzung war dreimal bewilligt, musste dann aber unterbleiben. Nunmehr wurde wieder der Bau der Strasse Triesen-Triesenberg in Aussicht genommen. Die Gemeinde will die Strasse über die Litzenen führen. Demgegenüber steht das Projekt des Bauamtes durch das Gut der Firma Jenny-Spörry, die aber sich gegen diese Trace wehrt. Die letztere Trace wäre viel wirtschaftlicher, sicherer und auch billiger. Eine Strasse über die Litzenen entspricht den neuzeitlichen Anforderungen nicht und ist auch zufolge des schwierigen Geländes unsicher und kostbilliger. Die FK. [Finanzkommission] kam zum Schlusse, es möchte die Gemeinde Triesen von ihrem Beschlusse abstehen und dahin revidieren, dass ein verstärkter Gemeinderat bestellt und mit der Sache betraut wird, der die Verantwortung trägt. Die FK. ist der Ansicht, dass es das günstigste wäre, die Strasse bis zum Gute der Firma Jenny-Spörry in Angriff zu nehmen und sofort mit der Firma auch Verhandlungen aufzunehmen. Sollten diese Schwierigkeiten unüberbrückbar erscheinen, so müsste nach Ansicht der FK. das Recht der Expropriation bedauerlicherweise auch hier angewendet werden. Der Kostenvoranschlag ist rund Fr. 40'000 und es dürfte sich darum handeln, den erforderlichen Kredit zu bewilligen, damit die Arbeit sofort begonnen werden kann. Die Arbeitsmöglichkeiten bei der Übererdung des Rheindammes waren nicht hinreichend und so muss ehestens eine grössere Arbeitsmöglichkeit geschaffen werden.

[Ferdinand] Heidegger: Ich habe meine Stellungnahme im Konferenzzimmer bekanntgegeben. Die Arbeitslosigkeit in der Gemeinde ist gross, weshalb eine Vorsprache bei der Regierung stattfand, in welcher drei Arbeitsmöglichkeiten in Aussicht gestellt wurden und zwar: Entweder Strasse, Kanal oder Übererdung des Rheinwuhres. Wir haben dann eine Gemeindeversammlung einberufen, welche den Wunsch ausdrückte, man möchte die Strasse bauen und zwar über die Litzenen. Nach dem Standpunkte des Bauamtes sei es jedoch unwirtschaftlich, diese Trace zu wählen. Der verstärkte Gemeinderat ist der Ansicht, wenn es möglich wäre, sollte die Strasse über die Litzenen gebaut werden, wenn dies jedoch nicht möglich sein sollte, so soll die Sache der Regierung und dem Landtage überlassen bleiben.

[Ludwig] Ospelt: Ich möchte den Vorschlag der FK unterstützen, da ich mir nicht vorstellen kann, über die Litzenen eine halbwegs gute und sichere Strasse bauen zu können. Überdies verursacht diese Tracenführung bedeutende Mehrkosten. Sollte aber die Weiterführung des Kanals von der Vaduzer Grenze aufwärts erwogen werden, so möchte ich ersuchen, diese Arbeiten erst in Angriff zu nehmen, wenn eine bessere Abflussmöglichkeit für das Wasser unterhalb der Grenze geschaffen ist.

Beck Jos. [Josef]: Ich möchte noch anfragen, ob vorgesehen ist, die Strasse von Matschils und auf der Langegerten dennoch beizubehalten.

Präsident: Die Strasse auf Matschils bleibt bis zur Einmündung in die neue Strasse bestehen und ebenso auch die über Langegerten, letztere jedoch würde von der Gemeinde zu unterhalten sein.

Beck Josef: Ich würde es begrüssen, wenn das Land einen Teil der Strasse über Langegerten übernehmen würde, da der Viehtrieb der Triesner und Balzner besser über diese Strasse erfolgt. Die neue Strasse dürfte dann nicht eingezäunt werden.

Präsident: Es dürften für die Gemeinde Triesen keine grossen Unterhaltungskosten entstehen durch die Übernahme der alten Strasse. Andererseits wäre es unwirtschaftlich, eine gut ungünstig gelegene schmale Strasse zu gehen, wenn eine schön gebaute neue Strasse vorhanden ist. Auch das Vieh wird vorteilhafter über die neue Strasse getrieben werden können. Dass das Land daneben noch zwei Pendelstrassen unterhalten soll, wenn es eine wirtschaftlich entsprechende neue Strasse baut, ist eine etwas zu grosse Zumutung.

Reg. Chef [Josef Hoop]: Ich glaube, man könnte die Diskussion über diesen Punkt vorteilhafter verschieben, denn es wird noch eine geraume Zeit gehen, bis wir dort oben sind mit der Strasse. Die Schwierigkeiten beginnen erst. Ich möchte noch gewisse Aufklärungen. Der Vorsteher von Triesen sagt beständig, sie überlassen es der Regierung und dem Landtage, die Strasse zu bauen. Wir müssen uns auch vor Augen halten, ob expropriiert werden soll.

Heidegger: Es ist nicht der Wunsch der Gemeinde Triesen, dass expropriiert wird, nachdem viele Bürger ein Einkommen haben von der Firma. Nachdem es eine Landstrasse ist, muss das Land die Sache durchführen, wie es am besten ist.

Reg. Chef: Was geschieht dann, wenn dem Land die Rechung von der Gemeinde präsentiert wird im Falle der Schliessung der Fabrik? Wir wollten hier einvernehmlich vorgehen, Gemeinde und Land müssen hierin einig sein.

Präsident: Ich glaube, dass es möglich sein wird ohne diese äusserste Rechtsanwendung.

Vogt Basil: Ich glaube, es wäre auch möglich, mit der Firma eine Einigung zu erzielen, ohne dass man expropriieren muss. Ist mit der Firma noch nie ein Einigungsversuch unternommen worden?

Präsident: Das ist des öfteren schon gemacht worden. Anfänglich wäre die Firma zu haben gewesen, es ist dann aber von Seite einiger [2] Gemeindebürger der Firma gegenüber betont worden, man müsse für die Firma Jenny-Spörry bezw. für deren Gut jetzt Strassen bauen und diese Bemerkung war Anlass, dass sie erklärte, wir haben Strassen genug, baut ihr die Strasse anderswohin. Mit Schonung der Wasserleitungen aber, glaube ich, wird es möglich sein, mit der Firma eine Einigung erzielen zu können. Bis jetzt hat sie sich ablehnend verhalten, es ist aber jedenfalls noch nicht das letzte Wort gesprochen.

Reg.Chef: Ich würde glauben, dass folgender Antrag das zweckmässigste wäre. Es soll raschestens mit der Firma auf gütlichem Wege eine Einigung erzielt werden, der Landtag hat ja bereits den Kredit vor längerer Zeit bewilligt.

Präsident: Die FK war der Meinung, dass dann, wenn die Strasse bis an das Gut der Firma vorgetrieben sei, auch eine bessere Verhandlungsbasis geschaffen wäre.

Reg.Chef: Ich glaube, wir müssen hier offen sprechen. Ist es zu verantworten, dass die Strasse bis an das Gut gebaut wird, bevor eine Einigung erzielt ist. Wenn die Firma dann erklärt, sie betrachte das als einen unfreundlichen Akt und deshalb die Konsequenzen zieht, was ist dann?

Präsident: Verantwortlich erscheint die Führung der Strasse durch das Gut aus technischen Gründen. Ich möchte begrüssen, dass die Gemeindevorstehung mit der Regierung nochmals versucht, mit der Firma zu verhandeln, allerdings mit dem Standpunkte, dass es notwendig erscheint, die Strasse durch ihr Gut zu führen. Ein Strassenbau ist etwas Dauerndes und es wäre nicht zu verantworten, eine solche Summe Geldes für eine Trace auszugeben, die nicht den Bedürfnissen entspricht.

Risch Ferdi [Ferdinand]: Ich würde es für vorteilhaft halten, die Bodenauslösung auf der heute vorgesehenen Trace vorzunehmen. Es könnten daraus grosse Schwierigkeiten erwachsen. Der Kredit ist ja bewilligt und die Strasse soll rasch möglichst gebaut werden.

Dr. [Otto] Schädler: Ich würde auch empfehlen, dass Regierung und die Gemeindevertretung den Versuch unternimmt, die Firma dahin zu bestimmen, dass sie keine Schwierigkeiten macht. Ich glaube nicht, dass die Firma den Mut hat, dem Weiterbau zu trotzen. Die Strassenführung anders anzulegen, halte ich für verfehlt. Die vorgesehene Strasse wird das bieten, was man von einer Verkehrsstrasse verlangt. Es ist erfreulich, dass die Gemeinde Triesen dem Bauamte in der Tracenführung keine Schwierigkeiten in den Weg legt. Mein Vorschlag ist, sofort mit dem Strassenbau zu beginnen und zwar nach dem Vorschlag des Bauamtes und der FK und gleichzeitig die Verhandlungen mit der Firma aufzunehmen.

Reg.Chef: Ich habe grosse Bedenken. 1.) müsste meiner Meinung nach es einem ausgesprochen Wunsche der Gemeinde Triesen entsprechen, sonst würde ich befürchten, dass wir für alle Konsequenzen verantwortlich gemacht werden und 2.) hätte ich lieber noch 1-2 Tage mit der Inangriffnahme der Arbeiten zugewartet und allen Ernstes mit der Firma eine Einigung herbeizuführen gesucht. Die Firma kennt unseren Standpunkt, wir haben mit ihr xmal verhandelt, aber bisher vergeblich. Ich glaube, es wäre gerade jetzt Aufgabe des verstärkten Gemeinderates, dass er zur Firma hingeht und sie zu bewegen sucht; vielleicht schenkt sie ihm williges Gehör. Ich möchte vor allem vor einem Gewaltstreich warnen.

Präsident: Ich begrüsse diese Anregung. Der Gemeindevertretung gegenüber wird sie sicher nachgiebiger sein. Es muss betont werden, dass die Firma von jeher grosses Verständnis gezeigt hat für die Entwicklung der Gemeinde Triesen und des Landes und ich glaube auch, dass sie in diesem Fall keine Resistens leistet. Ich denke, dass darüber eine Brücke zu finden ist. Doch sollte die Arbeit bald begonnen werden können, damit Verdienst geschaffen wird.

Reg.Chef: Ist die Bodenauslösung schon durchgeführt?

Heidegger: Nein, das ist aber schnell gemacht.

[Josef] Marxer: billigt den Vorschlag der Regierung. Er glaubt, dass auch das Gut der Firma profitiert von der neuen Strasse. Lieber jedoch zuerst alles festlegen und regeln als hintennach.

[Peter] Büchel: Wo man baut, darüber scheinen die Abgeordneten sich klar zu sein. Nur der Vorgang ist noch nicht eindeutig festgelegt. Ich würde empfehlen, mit der Firma zu verhandeln und ich glaube, dass sie sich herbeilässt.

Heidegger: Indem es eine Landstrasse ist, so ist es doch Sache der Regierung und des Landtages, die Angelegenheit zu betreiben und die Sache zu machen.

Präsident: Es ist aber auch Sache der interessierten Gemeinde, ein derartiges Werk durchzuführen zu helfen und man sollte denn doch das äusserste Mittun der Gemeinde erwarten dürfen.

Der Landtag beschliesst sodann einstimmig, die Durchführung der Strasse in Angriff zu nehmen und mit der Firma Jenny-Spörry sofort in gütliche Verhandlungen zu treten, dass die definitive Strassenführung nicht verzögert wird.

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[1] LI LA LTP 1936/035.
[2] Handschriftlich korrigiert aus "unkluger".