Die Regierung orientiert die Bevölkerung über das Verkaufsverbot für diverse Lebensmittel aufgrund der Mobilisierung in der Schweiz


Bekanntmachung der Regierung an die Bevölkerung, gez. Regierungschef Josef Hoop [1]

29.8.1939

Aufruf 

Die fürstliche Regierung hat am 5. Mai 1939 die Bevölkerung aufgefordert, sich einen Lebensmittelvorrat für 2 Monate anzulegen, da im Falle einer Mobilisierung gewisse Lebensmittel wie Zucker, Reis, Hülsenfrüchte, Teigwaren, Mehlprodukte, Speisefette und Öle sowie Kochsalz nicht mehr verkauft werden dürfen. Mit dem heutigen Tage tritt mit der Mobilisierung der schweizerischen Grenzschutztruppen [2] dieses Verkaufsverbot ein. Personen die sich einen Vorrat nicht anlegen konnten, werden die Möglichkeit erhalten, die vorerwähnten Lebensmittel doch noch zu beziehen. Aller Voraussicht nach werden jedoch in Kürze die Beschränkungen wieder aufgehoben werden. Auf jeden Fall aber besteht kein Anlass, zu Angstkäufen und Anlegung von zu grossen Vorräten in irgendwelchen Artikeln, da die Lebensmittelversorgung des Landes durch die Schweiz sichergestellt ist.

Wir ersuchen die Bevölkerung Ruhe zu bewahren und unkontrollierbaren Gerüchten keinen Glauben zu schenken. Jeder gehe ruhig seiner Arbeit nach und halte sich an die Weisungen und Empfehlungen der Behörden. Damit erfüllt der Liechtensteiner in ernster Zeit seine Pflicht dem Vaterlande gegenüber. Wir haben begründete Hoffnung, dass unser Land nicht nur von den Schrecknissen eines möglichen Krieges verschont bleiben wird, sondern dass auch die wirtschaftliche Lage des Landes erträglich gestaltet werden kann.

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[1] LI LA RF 193/056/001/009. Vgl. die Kundmachung vom 29. August 1939 betreffend das von der Regierung erlassene Ausfuhrverbot für Lebensmittel in andere Staaten als in die Schweiz (LI LA RF 193/056/001/007). Siehe in diesem Zusammenhang insbesondere das Verfassungsgesetz vom 2. September 1939 betreffend Bevollmächtigung der Regierung zur Anordnung kriegswirtschaftlicher Massnahmen, LGBl. 1939 Nr. 13.
[2]  Am 28. August 1939 ordnete der Schweizer Bundesrat die Mobilmachung des Grenzschutzes für den nächsten Tag an. Am 1. September 1939 folgte die Anordnung der allgemeinen Mobilmachung.  
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