Interpellation des Abgeordneten Ferdinand Risch betreffend die Durchführung von Notstandsarbeiten in Schaan (Binnenkanal)


Protokoll der öffentlichen Landtagssitzung, gez. Landtagspräsident Anton Frommelt und Schriftführer Georg Frick [1]

30.6.1932

Präsident: Soferne einer der Herren Abgeordneten freie Anträge stellen möchte, so hat er nun Gelegenheit.

Risch Ferdi [Ferdinand]: Unlängst ist an die Ortsvorstehungen die Anfrage ergangen seitens der Regierung, was man im nächsten Winter an Notstandsarbeiten auszuführen gedenke. Für verschiedene Gemeinden ist es unmöglich, ihre Arbeiter einigermassen zu beschäftigen. In Schaan sind rund 130-140 Arbeiter. Wenn keine landschäftliche Arbeit vorhanden ist, dann ist es trotz der 30%igen Notstandsunterstützung den Gemeinden nicht möglich, die Arbeiter unterzubringen. Ich möchte den Vorschlag machen, dass heuer auch in Schaan mit dem Kanal begonnen wird. Es dürften dann die Arbeiter nicht in das Unterland und umgekehrt müssten dann später die unterländischen Arbeiter nicht in das Oberland gehen. Es wäre dies eine viel rationellere Verteilung der Arbeit. Es sollte also ein Teilstück in Schaan begonnen werden und die Sache genau untersucht und geprüft werden. Es wäre dies für die Arbeiter von Vorteil. Es muss aber die Untersuchung der technischen Möglichkeiten vorausgehen und dann die Entscheidung in die Hände einer Kommission gelegt werden.

Präsident: Ich möchte betonen, dass es unmöglich sein wird, jeder Gemeinde ein Stück Notstandsarbeit zuzuteilen, so dass die Arbeiter nicht auswärts gehen müssen.

Reg.Chef [Josef Hoop]: Die Anregung des Abg. Risch Ferdi ist verständlich und soweit es sich nur um die Durchführung der technischen Seite handelt, bald geregelt. Nun gibt mir diese Interpellation doch Anlass, die finanzielle Seite zu streifen. Wir haben vor der Kanalabstimmung [2] uns einen Finanzplan zurechtgelegt bis zum Jahre 1935. Dieser Finanzplan ist bis jetzt nicht nur vollkommen eingehalten worden, sondern es konnte die Landesgebarung noch wesentlich günstiger gestaltet werden. Wir haben im letzten Jahre öffentliche Bauten für eine Million errichtet, während der Finanzplan nur Fr. 550'000.- vorgesehen hatte. Wir haben also fast das Doppelte gemacht. Wir haben unser Budget in schönster Ordnung halten können und werden es auch bis zur Vollendung des Kanalbaues tun können und nebenbei noch die immensen Schuldenlasten tilgen. Allein in dem Umfange wie im letzten Jahre werden nicht mehr öffentliche Bauten erstellt werden können. Auch für heuer haben wir die im Budget vorgesehene Summe für Bauten um ein beträchtliches überschritten. Ich muss deshalb heute schon bemerken, dass das Notstandsprogramm für den heurigen Winter sehr mager ausfallen wird und sich mehr oder weniger auf den Binnenkanal und die im Budget vorgesehenen Arbeiten beschränken muss. Die letztjährige grosse Aufwendung war zum Teil möglich durch die Zollnachzahlung von Frs. 200'000. - Dann haben wir schöne Erträgnisse aus der Post gehabt.- Die Einnahme[n] fliessen insoweit normal. Man braucht sich deshalb nicht zu [be]klagen. Bei Anhalten der Krise wäre eine Abschwächung der Einnahmen nicht überraschend. Resümierend muss ich sagen, dass die Arbeiten bescheiden sein werden und zwar bescheidener als die im letzten Jahre. Ich muss das auch speziell dem Herrn Abg. [Georg] Frick als Vertreter der Arbeiterschaft besonders sagen und man wird zu Mitteln greifen müssen, welche doch einigermassen der Arbeitslosigkeit zu wehren inmstande sein werden.

Risch Ferdi: Die Arbeiten sind überall am Kanal weiter vorangeschritten als anfänglich geplant war, speziell in Balzers und Ruggell wurde die Sache stark forciert.

Reg.Chef: Ich bin der Meinung, dass gerade die Kanalarbeiten beschleunigt werden sollten, so gut es geht. Am Kanal zu bauen, das ist jedenfalls noch die zweckmässigste Ausgabe, die man ins Auge fassen kann. Mit den Strassenbauten muss zufolge der anhaltenden Krise etwas zurückgehalten werden.

[Wilhelm] Näscher: Ich möchte mich mit dem Antrage des Abg. Risch F. nicht anfreunden. Soviel ich weiss, hat man am Kanal von unten herauf noch gar nichts gemacht. Der Parallelgraben ist weit voran. Ich schlage vor, programmmässig vorzugehen. Den Arbeitern ist es schon recht, wenn man ihnen Bequemlichkeiten einräumt, aber schliesslich ist Verdienst, auch wenn er etws weit weg liegt, immer willkommen. Es kann noch einmal eine Zeit kommen, dass die Arbeiter noch weiter fort Arbeit suchen müssen. Mann sollte diese Sache nicht allzu stark übertreiben.

[Franz Josef] Marxer: Man würde den Arbeiter[n] gern entgegenkommen und ich würde die Anregung überprüfen lassen, ob etwas zu machen wäre. Meines Erachtens jedoch sollte der Kanal vor allem von unten herauf gefördert werden. Dort, wo der Kanal hinaus soll, soll man anfangen, doch bin ich auch für eine Überprüfung des Vorschlages des Abg. Risch Ferd.

Präsident: Ein gewisser Pessimismus der Befürchtung, dass die Sache nicht zur endgültigen Durchführung kommen könnte, ist nicht am Platze. Der Antrag Risch's ist berücksichtigungswürdig. Jetzt müssen die Arbeiter hinunter und später wieder herauf. Der Antrag hat etwas Gutes in sich.

Risch Ferdi: Ich bestehe darauf, dass die Sache überprüft wird. Betr. der finanziellen Seite muss zugestanden werden, dass es wohl früher niemandem eingefallen wäre, mit dem Überschuss der Staatsfinanzen einen Kanal bauen zu können und ohne, dass man eine neue Anleihe aufnehmen müsse, wie er jetzt durchgeführt wird.

Frick: Ich unterstütze den Abg. Risch F.

[Adolf] Frommelt: In Triesen wäre auch Arbeitsbeschaffung notwendig. Das letzte Jahr wurde wenig geboten. Die Gemeinde ist schwer mit Schulden belastet und in Triesen sollte bessere Verdienstmöglichkeit geschaffen werden.

Reg.Chef: Wir sind sehr gerne bereit, überall Strassen zu bauen etz., nur bitten wir uns dann auch die Wege zu sagen, woher wir die Mittel hiezu nehmen sollen. Volle Frs. 700'000 haben wir an Schulden abbezahlt. Heuer allein zahlen wir Fr. 460'000. Die Landeseinnahmen betragen Fr. 1'900'000, davon gehen 1 Million für öffentliche Bauten ab, Fr. 600'000 für Zinsendienst und dann bleiben uns noch rund Fr. 3-400'000.

[Emil] Batliner: Wenn schon vom Kanal gesprochen wird, so möchte ich auch etwas sagen. Ich sehe zwar vielleicht etwas zu schwarz. Wenn man die Krise in Deutschland, Österreich und zum Teil auch in der Schweiz betrachtet, so habe ich Bedenken, dass unsere Einnahmen in kurzer Zeit geschmälert werden, ja vielleicht schneller als man glaubt. Ich schlage vor, mit allem Hochdruck daran zu trachten, dass das Wasser in Ruggell hinausläuft, bevor man oben oder in der Mitte wieder anfängt zu bauen.

Reg.Chef: Pflichtet bei.

Risch Ferdi: Meine Interpellation ist eine Notwendigkeit und ich werde nicht ruhen vorher, bis ich weiss, ob die Möglichkeit besteht oder nicht. Es gibt schon bei gutem Willen ein[en] Weg, der gangbar ist.

Präsident: Der Antrag des Abg. Risch hat geordnete Verhältnisse im Auge und unter diesen Voraussetzungen hat er unbedingt seine Berechtigung. Die Kommission soll prüfen, ob bei der heutigen Krise eben auf den Abfluss des Wassers das Augenmerk zu richten ist oder ob es sich doch erlaubt, in der Mitte die Arbeit zu beginnenn.

[Peter] Büchel: unterstützt diesen Antrag. Die Baukommission soll diese Sache prüfen und dann wird schon Klarheit geschaffen werden. Wenn irgendwie möglich, soll diese Arbeit dort ausgeführt werden.

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[1] LI LA LTP 1932/127. Vgl. etwa auch die Genehmigung einer Pauschalsubvention für die Wasserversorgung in Mauren durch den Landtag in der öffentlichen Sitzung vom 3. Februar 1932 zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit (LI LA LTP 1932/037).
[2] Der Landtag stimmte am 7. Juli 1930 einem generellen Projekt zum Binnenkanalbau zwecks Entwässerung der Talebene zu. Am 28. November 1930 beschloss der Landtag dann ein überarbeitetes Detailprojekt. Das Volk befürwortete den Bau des Binnenkanals am 14. Dezember 1930 mit 1469 Ja- zu 616 Nein-Stimmen (Stimmbeteiligung 91,2 %).