Emil Beck teilt der Regierung mit, dass der Postvertrag mit der Schweiz unterzeichnet wurde


Maschinenschriftliches Schreiben von Emil Beck, Geschäftsträger in Bern, gez. ders., an die Regierung [1]

12.11.1920, Bern

Postvertrag

Indem ich mein gestriges Telegramm: "Postvertrag heute 10. November unterzeichnet" [2] bestätige, übermittle ich Ihnen in der Beilage eine Abschrift des Originalvertrages, [3] den Herr Bundespräsident [Giuseppe] Motta und ich gestern Abend unterzeichneten unter Beisetzung des Siegels des Politischen Departements und der hiesigen Gesandtschaft.

Damit ist also der Postvertrag abgeschlossen, unter Vorbehalt der beiderseitigen Ratifikation.

Herr Motta hat mir versprochen, das Mögliche zu tun, um die Ratifikation in der Dezembersession durchzusetzen. Leider ist die Frist hierzu infolge der Verspätung unserer Vollmacht knapp geworden. Auch wird mit einer gewissen, wenn auch geringen Opposition gerechnet werden müssen, welche die Erledigung hinauszuschieben geeignet ist. [4]

An Ihnen wird es nun liegen, für die möglichst baldige Ratifikation unsererseits besorgt zu sein. [5] Nachdem Sie zu den Bestimmungen des Vertrages Ihre Zustimmung bereits gegeben haben, [6] nehme ich an, dass die Ratifikation keinen Schwierigkeiten begegnen wird, und dass Sie daher in der Lage sein werden, mir die Ratifikationsurkunde rechtzeitig zuzustellen.

Im weitern werden wir für die Auflösung des Postvertrages mit Österreich sorgen müssen. [7] Wenn das Auswärtige Amt sich bereit finden würde, nicht auf der Einhaltung der Kündigungsfrist zu beharren, so wäre dies wohl die beste Lösung. Es könnte dann mit der Kündigung zugewartet werden, bis die Ratifikation stattgefunden hat, ohne dass deswegen die Inkraftsetzung des neuen Vertrages zu weit hinausgeschoben würde.

Ich glaube, dass dieser Vertrag für unser Land günstig ausgefallen ist, und dass er seine guten Früchte tragen wird. Wenn auch einige redaktionelle Änderungen, die ich gern gesehen hätte, wegen der Kürze der verfügbaren Zeit nicht mehr angebracht werden konnten, so werden daraus, hoffe ich, doch keine Inkonvenienzen entstehen. Denn ich zweifle nicht daran, dass die Schweiz. Behörden zu einer loyalen Interpretation und Durchführung des Vertrages Hand bieten werden, wie sie schon beim Abschluss des Vertrages ihre Interessen nicht allzu sehr in den Vordergrund gestellt haben. Ich erwähne z.B. den völligen Verzicht auf einen Gewinn-Anteil und die Verwendung von Schweizermarken.

Dass die Postverwaltung teurer zu stehen kommen wird als bisher, ist wohl zweifellos. Dies ergibt sich aber heute für jede Postverwaltung als zwingende Notwendigkeit aus der heutigen Weltlage. Dafür werden wir eine wesentliche Verbesserung des Post-, Telegraphen- und Telephondienstes erhalten, was volkswirtschaftlich hoch einzuschätzen ist. Ich hoffe, dass dieser Vertrag zum Segen des Landes gereichen möge.

Ich wollte die Gelegenheit der Unterzeichnung nicht vorbeigehen lassen, ohne dem Herrn Bundespräsidenten für das freundliche Entgegenkommen zu danken und die Hoffnung daran zu knüpfen, dass die Unterzeichnung des Zollvertrages auch bald stattfinden könne. Herr Motta antwortete, der Schweiz. Bundesrat freue sich, dem Fürstentum diesen Dienst erweisen zu können. Er studiere auch die Frage des Zollvertrages, der er sympathisch gegenüberstehe, und er hoffe, dass diese beiden Verträge geeignet sein werden, die guten Beziehungen der beiden Länder dauernd zu erhalten.

Das Original des Vertrages werde ich Ihnen beim nächsten Besuch in Vaduz persönlich überbringen.

Eine Abschrift dieses Schreibens geht gleichzeitig an die fürstliche Gesandtschaft in Wien.

Der fürstliche Geschäftsträger:

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[1] LI LA SF 03/1920/5142. Aktenzeichen: 1388. Eingangsstempel der Regierung vom 15.11.1920. Weitere Exemplare unter LI LA V 002/0478/31; LI LA V 003/0200.
[2] LI LA V 002/0478/30, Telegramm Beck an Regierung und Gesandtschaft Wien, 10.11.1920.
[3] LGBl. 1922 Nr. 8.
[4] Das schweizerische Parlament genehmigte den Vertrag am 10. bzw. 17.12.1920.
[5] Der Landtag stimmte dem Vertrag am 29.12.1920 zu (LI LA LTA 1920/S04).
[6] Vgl. LI LA V 002/0480/15, Beck an Regierung, 16.6.1920.
[7] Der Postvertrag mit Österreich vom 18.2.1920 (LI LA RE 1919/3062) wurde auf den 1.2.1921 gekündigt.