Die Liechtensteiner Nachrichten versuchen den Konkurs der Eschenwerk AG zu erklären und jede Mitverantwortung von Vertretern der Volkspartei zurückzuweisen


Zeitungsbericht, nicht gez. [1]

30.10.1928

Eschenwerk. (Einges.)

Es ist an der Zeit, der Allgemeinheit über das Eschenwerk einen den Tatsachen entsprechenden Aufschluss zu geben, zumal gewisse Berichterstatter des Volksblattes sich immer weiter bemühen Unwahrheiten ihren Lesern aufzutischen. Man denke nur an den ersten Absatz des Leitartikels in Nr. 103 des Volksblattes. Danach sollte durch Intervention der Herren Regierungschef Dr. [Josef] Hoop und Landtagspräsident Pfarrer [Anton] Frommelt bei seiner Durchlaucht [Johann II.] die Fabrik vor dem Zusammenbruch gerettet sein. Eschen und das ganze Unterland atmeten bekanntlich erleichtert auf. Nunmehr aber macht das Eschenwerk dem Volksblattschreiber wieder Kopfzerbrechen, obgleich derselbe anscheinend weder Aktionär noch Gläubiger ist.

Das Zustandekommen des Werkes war durch die Bemühungen verschiedener Gemeindemitglieder, Arbeitsgelegenheit zu beschaffen, gefördert worden. Es sind wegen Herbeiziehens einer Industrie für das Unterland jahrelange Bemühungen angestellt worden. Seine Durchlaucht hat selbst den Unterländern versprochen jede sich niederlassende Industrie, die Arbeits- und Verdienstmöglichkeit bietet, zu unterstützen. Bei der Prüfung des Projektes Jutespinnerei und Weberei hat sich gezeigt, dass die Grundlagen für ein aussichtsreiches Unternehmen vorhanden waren. Die Ermittlungen über Einzelheiten haben lange Zeit in Anspruch genommen und die seitens der Gemeinde beteiligten Personen sind dabei sachlich vorgegangen. Herr [Felix] Drobig hat bei der ersten Verhandlung seine persönlichen Verhältnisse klargelegt. Die durch amtliche Stellen eingezogenen Informationen über Genannten deckten sich mit den eigenen Angaben. Für die Gemeinde waren die geforderten Garantien gegeben und der Verwirklichung des Projektes konnte näher getreten werden. Über den weiteren Gang des Baues, der Maschinenbeschaffung, der Materialeinkäufe und der Verkäufe waren die Verwaltungsräte unterrichtet und konnten sich auch jederzeit durch Einsichtnahme in die Akten und Bücher informieren, wie es bei jeder Aktiengesellschaft der Fall ist. Durch einen vorteilhaften Liefervertrag wurde die Produktion des Werkes für fünf Jahre fest verkauft. Der Vertrag bedingte gewisse Vergrösserungen und damit auch grössere Geldanforderungen. Die Generalversammlung beschloss Anfang Mai eine Kapitalerhöhung um 300'000 Fr. wodurch die nötigen fehlenden Mittel aufgebracht werden sollten. Bei gutem Willen gewisser Persönlichkeiten hätte sich auch die Kapitalerhöhung durchführen lassen. Die Bemühungen zur Kapitalbeschaffung sind sogar so weit gegangen, dass auf Grund von verschiedenen Verhandlungen die Majoritätsgruppe alle Aktien zur Verfügung stellte und dafür dem Werk ein Darlehen gewährt werden sollte. Damit war die Möglichkeit eines Weiterbetriebes gegeben, zumal noch der Hauptabnehmer für die Bereitstellung der laufenden Betriebsmittel garantiert hat.

In welcher Weise von gewisser Seite [2] gegen das Eschenwerk und die damit in Verbindung stehenden Personen gearbeitet wurde, ist allen objektiven Beurteilern bekannt. Der erste Kampf, noch vor der Gründung des Unternehmens, kam von der Nachbargemeinde Mauren. Anstatt beide Gemeinden, wie es vorgesehen war, gemeinsam die Arbeitsbeschaffung fördern und sich beiderseits interessieren sollten, setzte sofort eine politische Strömung ein. Noch während des Baues wurde mit allen Mittel gegen das Eschenmerk Stimmung gemacht und selbst von solchen Leuten, die trotzdem die Arbeitsgelegenheit wahrnahmen und denen das Geld mitzunehmen recht war.

Bei jeder Gelegenheit wurde in einer sinnlosen Weise der politische Kampf gegen das Eschenwerk geführt und die ganze Taktik der verschiedenen Besprechungen von Bürgerparteiführern zeigt sehr deutlich, dass man nichts weiter vorbereitet hat, als dem Werk die grössten Schwierigkeiten zu machen um es im geeigneten Zeitpunkt unter der Flagge der Bürgerpartei segeln zu lassen. Es ist doch alles im Lande nach Wunsch gegangen, warum soll nicht auch das Eschenwerk von der Bürgerpartei in allen Posten besetzt werden. Dass dafür geeignete Leute vorhanden sind, beweist der Artikelschreiber, der zunächst Fachmann über Dachkonstruktionen zu sein scheint. Jede Bauzeichnung wird dem fürstl. liechtensteinischen Bauamt eingereicht und dort überprüft. War denn niemand am Bauamt, der eine statistische Berechnung der Dachkonstruktion aufstellen oder nachprüfen konnte? Wenn in anderen Ländern Holzbinder bis 80 m freie Spannweite in Anwendung sind, dürften hier wohl auch 19 m Spannweite sich bewähren. Schliesslich ist die Art der Gebäude und Dachkonstruktionen genau so Ansichtsache wie die Beschaffung geeigneter Maschinen. Dass aber die Dachkonstruktion auch bei den Belastungsproben gehalten hat und dass die Jutefabrikate von den Abnehmern als qualitativ gut bezeichnet sind, beweist, dass der Werksleiter doch auch das nötige Verständnis für seine Aufgabe hatte. Es ist viel leichter eine Kritik zu üben, als selbst etwas aufzubauen. Der Artikelschreiber baut nicht auf, sondern reisst ein. Alle einsichtigen Arbeiter sollen sich dies merken und bei der nächsten Wahl den Stimmzettel genau ansehen. Alle diejenigen, welche so besonders klug und weise sind, hätten dem Eschenwerk früher sich als Berater zur Verfügung stellen sollen. Der gesamte Verwaltungsrat hätte gern jeden vernünftigen Vorschlag im Interesse des Werkes erwogen und nötigen Falles durchgeführt. Auch die Person des Herrn Drobig hat nachweislich sich dem Interesse des Werkes und der Allgemeinheit gefügt. Dass Herr Drobig über eine grosse Arbeitskraft verfügt und seinen Beruf versteht, müssen auch alle Neider zugeben. Unfehlbar ist kein menschliches Wesen, aber die Pflicht eines guten Christen ist die Nächstenliebe. Wie vieles könnte in unserem Lande anders sein, wenn die Wahrheitsliebe, die Nächstenliebe und die wahren Christenpflichten in die Tat umgesetzt würden und wenn Hass, Neid, und Missgunst mehr und mehr verschwinden würden. Hier wäre ein dankbares Gebiet für die Bürgerparteiführer mit gutem Beispiel voran zu gehen und dies auch in der Parteipresse den Parteigenossen zu predigen.

Eschen. Wie uns berichtet wird, ist bei der Stilllegung des Eschenwerkes seitens des fürstlichen Beauftragten in einer dem Fabriksgesetz nicht entsprechenden Weise verfahren worden. Es ist von einer zwei bis drei Wochen dauernden Beurlaubung gesprochen worden, um den entlassenen 120 Leuten die Wahrheit zu verschweigen. Nach dem Fabriksgesetz hat eine ordnungsmässige Kündigung zu erfolgen und bei einer vorzeitigen Entlassung ist der Arbeitsverdienst für die Kündigung auszuzahlen. Im Interesse der Arbeitslosen ist eine sachliche Feststellung durch den zuständigen Fabrikinspektor angezeigt, wobei selbstverständlich eine Anzahl der Betroffenen zu hören ist.

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[1] L.N. 30.10.1928, S. 2f.
[2] Gemeint sind Personen, die der Fortschrittlichen Bürgerpartei bzw. dem Volksblatt zuzurechnen waren.