Karolina Lampert [-Schädler] an ihre Schwester Juliana Sele [-Schädler] über die Zusendung von Fotografien aus Triesenberg, die Erkrankung von Kreszenz Sele, den Arbeitsplatz von Julius Lampert, die Mieteinnahmen aus ihrem Haus, ihren Urlaub an der Küste, das Befinden von Barbara Beck [-Lampert] und anderer Auswanderer, das Klima sowie den Bau einer deutschen Kirche in Portland (Oregon)


Handschriftliches Originalschreiben der Karolina Lampert [-Schädler], Portland (Oregon), an ihre Schwester Juliana Sele [-Schädler], Triesenberg [1]   

01.12.1885, [2] Portland (Oregon)

Herzlich, geliebte Schwester!

Endlich find ich einmal Gelegenheit
Dir zu schreiben, was ich schon längst hätte
thun sollen, aber ich bin ein schlechter
schreiber, ich thu überhaupt lieber
Briefe lesen wie schreiben. Ich habe
Deinen lieben Brief u. die Pfothografie
mit Freuden erhalten, u. darin gesehen
dass [3] ihr Gott sei Dank alle gesund
seid bis auf Deine Thochter [Kreszenz Sele] welche hoffent-
lich auch wieder besser wird. Was uns
anbetrifft sind wier alle gesund u.
wohl, der Julius [Lampert] arbeitet immer am
alten Platz, die Theresia [Lampert] ist zu Hause,
ich wohne jezt in meinem eigenen
Hause u. habe noch eine Famile bei [4]
mir wohnen, wovon ich 10 Thl. [Thaler] den Monat
bekomme. Ich war diesen Sommer eine
Woche an der Meeresküste mit meinen
Verwandten für Gesundheit, ich war
auch auf dem Lande bei Alexander [Lampert]
u. Franzsepp [Franz Josef Frommelt]. Es wundert uns gar nicht
dass die Schweizerin Amerika nicht
gelobt hat, den diese Schweizerin hat
Amerika gar nicht kennen gelernt,
erstens war sie nur ein Jahr hier
u. zweitens war sie auf dem Lande
in einem Kloster, wo die Indianer
Kinder sowie auch weisse geschult
werden, da kannst Du denken, dass
sie [5] von der Welt nicht viel
weis, ich habe nur Abends vor
ihrer Abreisse mit ihr gesprochen. [6]

Heute habe ich die traurige Nachricht
vernommen, dass mein guter Vetter u.
Alois [Sele] gestorben ist, in der Katharina [Sele [-Lampert]]
ihrem Brief, es thut mir sehr leid für
das Katharini, da ich weis wie glücklich
sie miteinander waren. Die Barbara [Beck [-Lampert]]
ist noch immer am Leben aber sie ist sehr
schwach, sie spricht noch recht gerne
von Deutschland u. freut sich jedesmal
wen ich einen Brief bekomme, den
anderen Verwandten geht es allen
recht gut, u. sie sind alle recht gut zu
mir, wier haben es auch recht schön
beieinander, ich wünsche mich nicht mehr
nach Freeport zurük, denn das Klima
gefällt mir viel besser, wier haben
noch kein schnee gehabt nur etwas
Regen, es hat noch gar nicht gefrohren. [7]

Die Blumen blühen noch alle in den
Gärten, Obst, u. alle Früchten sind
im Überfluss gerathen, u. alles ist sehr
billig. Wier bekommen jezt auch eine
Deutsche Kirche hier, sie haben schon
einen Platz dazu gekauft für 4000 Th.
natürlich nur die Deutschen, wier halten
zwei Deutsche Priester hier, aber sie
Predigen immer Englisch. Jezt will
ich nun bald schliessen in der Hoffnung
dass euch alle diese bar Zeilen in bester
Gesundheit antreffen, so grüsse mir alle
meine lieben Geschwisterte, Vetter u.
Basen, L. [Lehrer] Gassner u. Famile u. alle meine
Verwandte u. Bekante u. schreibe bald
wieder ich habe auch der Sofina geschrieben
aber noch keine Antwort erhalten. Jezt
grüsst Dich und Dein Kind ganz besonders
wier alle u. ich V. [Verbleibe] Deine liebende Sch. [Schwester] Karolina
Lampert

______________

[1] LI LA PA 188/035. Brief in Kurrentschrift.
[2] Ursprüngliches Datum im Original durchgestrichen.
[3] Ursprüngliche Fassung: „daẞ“. Das Eszett wird im Folgenden zu „ss“ umgewandelt.
[4] Seitenwechsel.
[5] Durchstreichung.
[6] Seitenwechsel.
[7] Seitenwechsel.