Die Polizei ermittelt gegen Theodor Heeb und Rudolf Öhri wegen Fluchthilfe


Bericht des Sicherheitskorps, gez. Wachtmeister Josef Brunhart, an die Regierung [1]

22.8.1938

Heeb Theodor u. Öhri Rudolf, Transport von Flüchtlingen aus Deutsch-Österreich

Nationale

Theodor Heeb ist am 18. Mai 1912 in Ruggell geboren, dahin zuständig, r.k. [römisch-katholisch], ledig, Bäcker, ein Sohn des Josef und der Agatha, geborene Gschwender, hat Volksschulbildung, besitzt kein Vermögen, ist angeblich nicht vorbestraft und wohnt in Ruggell H.Nr. 7.

Rudolf Öhri ist am 27.10.1911 in Ruggell geboren, dahin zuständig, r.k., ledig, Maurer, ein Sohn des Arnold und der Albertina, geborene Heeb, hat Volksschulbildung, besitzt kein Vermögen, ist nicht vorbestraft und wohnt in Ruggell H.Nr. 19.

Tatgeschichte

Theodor Heeb und Rudolf Öhri haben gemeinsam in Verbindung mit andern, Flüchtlingen aus Österreich dazu verholfen, dass diese mit Umgehung der Grenzkontrolle von Feldkirch nach Liechtenstein kamen und von hier nach der Schweiz (Zürich) transportiert wurden, bzw. Heeb hat einmal selbst 4 Personen mit seinem Auto nach Zürich gebracht.

Beweismittel

Theodor Heeb gibt an: "Anfangs August 1938 fragte mich eine mir unbekannte Frau in der Wirtschaft zum Ochsen in Feldkirch, ob ich meinen Wagen bei mir hätte und ich bereit wäre, vier Personen mit nach Nofels zu nehmen. Ich erklärte mich hiezu bereit und nahm die vier Personen auf meinem Heimweg mit. Jenseits Nofels habe ich die vier Personen auf ihr Verlangen abgesetzt. Was später mit ihnen geschehen ist, kann ich nicht sagen. Rudolf Öhri habe ich bereits schon dreimal mit meinem Wagen nach Feldkirch gebracht. Was für Geschäfte er hier betrieb, kann ich nicht sagen. Ich möchte nur noch ergänzen, dass Öhri schon mehrmals Juden nach Liechtenstein und der Schweiz verbracht hat."

Diese Angaben machte Theodor Heeb in Feldkirch, wo er zur Zeit wegen Verdacht des Devisenschmuggels in Haft ist. [2]

Rudolf Öhri gibt an: "Ich ging wiederholt nach Feldkirch ins Kino. An einem Sonntag anfangs August d.J. war ich im Gasthaus zum Ochsen in Feldkirch, wo ich meistens nach dem Kino einkehre. Der dortige Kellner, der mich als Liechtensteiner kennt, fragte mich, ob ich in Liechtenstein keinen Autofahrer wisse, der gewillt wäre, 4 Personen nach Zürich zu führen. Diese Personen seien von der Gestapo in Feldkirch auf freien Fuss gesetzt worden und hätten die Ausreisebewilligung. Er versicherte mir auch, dass hier nichts auf dem Spiele stehe. Der Kellner namens [Paul] Geier sagte zu mir, dass diese 4 Personen in Schaanwald abzuholen wären, da sie mit Umgehung der Grenzkontrolle nach Liechtenstein einreisen würden. Ich teilte dies dem Theodor Heeb mit, der gleich mit dem Kellner Geier in Verbindung trat und mit ihm verhandelte. Heeb verlangte für die Fahrt pro Km. 0.50 Fr. Wann dann Heeb diese Fahrt machte, kann ich nicht mehr sagen, doch weiss ich bestimmt, dass er diese Fahrt mit den erwähnten vier Personen ausführte. Am 9.8.38 fuhr ich mit Heeb nach Feldkirch, was aber Heeb dort zu tun hatte, kann ich nicht sagen. Am 10.8.38, als ich von der Arbeit nach Hause kam, war Heeb bei mir zu Hause und sagte zu mir, ich soll ihm ein Schreiben nach Nofels bringen, das ich einem gewissen Allgäuer abgeben sollte. Ich fuhr dann mit dem Fahrrade nach Nofels. Auf der deutschen Grenze wurde ich wegen Devisen untersucht und es wurde mir auch das Schreiben von Heeb beschlagnahmt. Heeb ersuchte in diesem Schreiben den Allgäuer, er solle die Leute über die Grenze bringen, er werde sie abholen. Ich konnte damals Allgäuer nicht antreffen und ging dann wieder nach Hause. Am 13.8.38 fuhren Heeb und ich abermals nach Feldkirch und zwar von der Schweiz über Rüti-Bangs. In Feldkirch trennten wir uns, verabredeten jedoch, wieder miteinander nach Hause zu fahren. Heeb sagte, er müsse noch nach Gisingen fahren. Am selben Abend wurde ich von Geier ersucht, zwei Wiener Juristen über die Grenze nach Ruggell zu bringen. Ich lehnte dies ab und sagte, sie sollen allein über die Grenze gehen, ich werde sie im Ruggellersteinbruch erwarten. Heeb sollte diese beiden Herren von dort weiter transportieren. Nachdem Heeb mit dem Auto nicht mehr zum Vorschein kam, ging ich zu Fuss schwarz über die Grenze nach Ruggell. Als ich dann morgens um 4 Uhr zum Steinbruch kam, waren diese beiden Wiener schon dort. Ich wartete dort ca. eine Stunde und als dann Heeb nicht kam, gingen wir nach Ruggell, wo ich dem Taxi-Chauffeur Hubert Ritter in Mauren telefonierte, welcher diese dann mit seinem Auto nach Zürich brachte. Später habe ich dann erfahren, dass Heeb in Feldkirch verhaftet worden ist. Ein Entgelt für diese Sache habe ich nicht erhalten."

Hubert Ritter, Taxi-Chauffeur in Mauren gibt an: "Am Sonntagmorgen um ca. 5 Uhr telefonierte mir Rudolf Öhri von Ruggell, ich soll schnell mit meinem Wagen nach Ruggell kommen, ich müsse mit zwei Herren nach Zürich fahren. Ich musste diese Herren bei Josef Heeb H.Nr. 7 abholen und fuhr dann mit ihnen nach Zürich. Dass dies Flüchtlinge aus Österreich waren, wusste ich gar nicht. Für die Fahrt bis nach Zürich verlangte ich 70.- Fr., habe aber für diese Fahrt bis heute noch keinen Rappen erhalten. Hätte ich gewusst, dass es sich um Flüchtlinge handelt, so wäre ich bestimmt nicht gefahren." [3]

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[1] LI LA RF 182/491/001. E.Nr. 1000. Paraphe von Alois Vogt. Rückvermerk: "scharf verwarnen".
[2] Heeb wurde entlassen, ohne dass es zu einem Verfahren gegen ihn kam.
[3] Die Regierung erteilte Heeb und Öhri mit Schreiben vom 7.9.1939 eine scharfe Verwarnung (LI LA RF 182/491/002).