Der Ausschuss des Arbeitsamtes lehnt die Besetzung der Vorarbeiterstellen bei den Notstandsarbeiten nach politischen Gesichtspunkten ab


Schreiben des Ausschusses des Arbeitsamtes, gez. Gebhard Walser, an die Regierung [1]

21.4.1938, Vaduz

An die fürstliche Regierung

Zur Einladung des Herrn Regierungschefstellvertreters Dr. [Alois] Vogt zur Stellung von Vorschlägen für die Abwechslung von Vorarbeitern bei den landschäftlichen Bauten, um dadurch Angehörigen der [Vaterländischen] Union Platz zumachen, hat der Ausschuss des Arbeitsamtes in der Sitzung vom 14. April die Angelegenheit behandelt:

Hiezu führte Herr Joh[ann] Beck, Arbeiterpräsident und Ausschussmitglied des Arbeitsamtes folgendes aus: Der liechtenst. Arbeiterverband hat ein solches Verlangen nicht gestellt und bin ich gegen eine solche Auswechslung, wie ich auch dagegen wäre, wenn von Seite der Bürgerpartei verlangt würde, es müsste auch die Arbeit parteimässig verteilt werden. Nach diesem Schema würde der Neutrale sowohl als Vorarbeiter, als auch schliesslich bei andern Stellen und als Arbeiter ausgestellt. Ich bin der Ansicht, dass die Arbeit möglichst nach der Bedürftigkeit und Eignung verteilt werde, die Vorarbeiter und Maschinisten müssen sowohl beim Lande als auch bei den Akkordanten nach der Eignung und Fähigkeit bestellt werden und hat hier wohl der Akkordant und die Bauleitung ein bestimmendes Wort zu sagen, wer sich nicht eignet und wer sich eignet.

Der Ausschuss des Arbeitsamtes nimmt Kenntnis, dass den Akkordanten die Bestellung von Vorarbeitern und Maschinisten meistens freigestanden ist. Es war möglich, dass dem Akkordanten die gemeldeten Maschinisten bekannt gegeben wurden und hie und da eine Sektion des Verbandes der Arbeiter ihre Wünsche vorgebracht hat, die dann weiter gegeben wurden. Dem Akkordanten ist jedoch schon seit Jahren das Recht eingeräumt gewesen, einen vorgeschlagenen Maschinisten abzulehnen. In der Regel haben auch die Akkordanten die Maschinisten und die Vorarbeiter ohne Begrüssung des Arbeitsamtes bestellt.

Auch bei den Regiebauten des Landes wurden vielfach die Vorarbeiter durch die Bauleitung aus fähigen Akkordanten und Arbeitern ausgesucht und dem Arbeitsamte vorgeschlagen bezw. mitgeteilt. Auch bei den Maschinisten und überhaupt bei allen jenen, die für den Betrieb nötig waren und nicht ausgestellt werden konnten, auch wenn sonst auf der Baustelle abgewechselt werden musste, galt die gleiche Regel. Das Arbeitsamt intervenierte vielleicht, wenn ein Bedürftiger reklamierte, er könnte die Stelle des Bessersituierten auch versehen, es wurde jedoch der Bauleitung kein Zwang auferlegt. In der Liste der Vorarbeiter ist auch ein Lorenz Hasler aus Bendern aufgenommen, welcher seinerzeit beim Akkorde Banzer Co. Triesen von diesem als Vorarbeiter ausgesucht wurde und als der Akkord Banzers vom Lande übernommen wurde, wurden auch die Arbeiter und der Polier Hasler übernommen.

Wenn die Vorarbeiter, Maschinisten und überhaupt alle jene, die bei Arbeitsmangel bei den Regiearbeiten fortwährend beschäftigt werden müssen, in die fragliche Liste aufgenommen werden, sieht diese sehr paritätisch aus, wenn aber die Liste aller auf landschäftlichen Arbeiten tätigen Arbeiter nach ihrer politischen Einstellung untersucht würden, so wäre die Bürgerpartei etwa stark mit 1/3 vertreten.

Der Ausschuss nimmt auch Kenntnis, dass nach den Erhebungen des Sicherheitskorps, die auf Grund einer Beschwerde des Sohnes des Altvorstehers Marxers und des Ludwig Gstöhl, 140 Eschen, anberaumt wurden, eine grössere Anzahl Doppelgänger aus gleichen Familien bei den landschäftlichen Arbeiten tätig sind, wo 1 Mitglied als Arbeiter und 1 Mitglied als Fuhrwerker an der gleichen Arbeit beschäftigt sind. Diese Arbeit wurde am 1. März begonnen. Auf die Beschwerde hin wurden dann auch noch weitere Arbeiter zu zweit als Arbeiter bei den landschäftlichen Arbeiten zugelassen. Die Nachfrage hat ergeben, dass von diesen Doppelgängern etwa 30% aus Kreisen der Bürgerpartei seien.

Der Ausschuss ist daher der Ansicht, dass sich die landschäftlichen Notstandsarbeitsstellen nicht schablonenmässig verteilen lassen, bei der andern Gruppe können mehr von dieser bei der einen mehr von der andern Partei sein. Dafür sind vielleicht wieder bei den Gemeindenotstandsarbeitern z. B. Vorarbeiter aus dem andern Kreise, so hat z. B. die Gemeinde Ruggell den Polier Hasler aus Gamprin stets bei ihren Arbeiten als Polier bestellt, der Sohn wurde von der Bauleitung bei den Regiearbeiten beim Lande als Maschinist gehalten. Auch in mehren andern Gemeinden treffen ähnliche Fälle zu.

Er empfiehlt daher, dass eine ev. Regulierung bei künftigen Bestellungen, soweit dies möglich und angebracht sei, ins Auge gefasst werden wolle. Nachdem die Arbeiten mehr gegen das Oberland sich hinziehen, könnte dann auch das Oberland berücksichtigt werden.

Sofern ein Arbeitsverzeichnis zur Einsicht gewünscht wird, kann ein solches zur Einsicht vorgelegt werden.

[14 Namen handschriftlich aufgelistet]

 

 

 

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[1] LI LA RF 180/443/001/024. Im Krisenjahrzent der 1930er Jahre wiederholte sich ständig die Kritik, die mit Mehreit regierende Bürgerpartei und das 1931 geschaffene Arbeitsamt unter der Leitung von Gebhard Walser würden sich bei der öffentlichen Arbeitszuteilung nach politischen Gesichtspunkten leiten lassen.