Das "Liechtensteiner Volksblatt" verteidigt das Verbot des "Umbruches", des Presseorgans der "Volksdeutschen Bewegung in Liechtenstein", durch die Regierung


Leitartikel im "Liechtensteiner Volksblatt", nicht gez. [1]

13.7.1943

Das "Umbruch"-Verbot

(*) Die werten Leser werden es Ende letzter Woche über [Radio] Beromünster vernommen haben, dass der „Umbruch" bis auf weiteres verboten worden ist. Die Kurzmeldung über das Verbot durchlief am Wochenende auch den Schweizer Blätterwald. Eine Zeitung der Nachbarschaft meinte sogar: „Man kann sich ruhig fragen, ob nicht im Zeitalter der Papierkontingentierung solche bewusst einseitigen Presseerzeugnisse, die höchstens Unfrieden säen können, überhaupt gänzlich verboten werden könnten." Das Blatt wird sich mit dieser unverhohlen geäusserten Meinung die Todfeindschaft der „Umbruch"-Leute zugezogen haben. Es kann aber versichert sein, dass der weitaus grösste Teil der Leute ennet dem Rhein nicht anders denkt.

Der Artikel „Beinahe ein Staatsstreich" [vom 6. Juli 1943], ist dem Blatte zum Verhängnis geworden und die Umbrecher werden nun in Musse darüber nachdenken können, dass es halt doch nicht ratsam ist, die Neutralität des Landes durch die Beschimpfung ausländischer Regierungen und Staatslenker zu verletzen. Sie haben zwar für Roosevelt und Churchill allerhand Kosenamen gebraucht, na, es war der Regierung des Fürstentums sicher nicht angenehm, es hat vielleicht einmal auch Verwarnungen gegeben, aber die Bemerkung über den Schweizerischen Bundesrat musste dem Blatte doch für einige Zeit den Hals brechen. Unverschämt und herausfordernd war die Polemik gegen die mit uns in Freundschaft und engsten Wirtschaftbanden lebenden Schweiz schon öfters, aber dass der Wechsel in der Bundespräsidentenschaft so als „Ochsentour" bezeichnet wurde, war schon sehr, sehr flegelhaft und beleidigend. Wenn auch die liechtensteinische Pressefreiheit viel über sich ergehen liess, das war ihr doch zu dick und die Regierung sprach endlich ein Verbot aus, das im ganzen Lande Genugtuung hervorrief.

Im Lande selbst konnte sich das Organ bekanntlich gebärden wie der Elefant im Porzellanladen. Ja, es konnte sogar seine landesverräterischen Exzerpte ungestraft an den Mann bringen, die Regierung schwieg. Den schweizerischen Bundesrat konnte sie nicht beschimpfen lassen. Wir hätten uns somit gewiss gescheut, den schwer belastenden Satz der Öffentlichkeit bekanntzugeben, wenn nicht der „Umbruch" selbst in einem Blatte „Aus Liechtenstein" das Schreiben der Regierung am Samstag zum Abdruck gebracht hätte. Nun aber fühlen wir uns doch verpflichtet, den halsbrecherischen Satz in „Beinahe ein Staatsstreich" hier als abschreckendes Beispiel anzuführen:

„Denn die Schweiz kennt ja sonst keine Regierungs-Um- oder Neubildungen, sie kennt ja auch keine Minister, sondern nur vom Parlament gewählte Bundesräte, die dann alljährlich in schön geordneter Ochsentour von einem Platz auf den andern rücken. Wenn nun das am grünen Holze geschieht, was soll am dürren werden?"

Dem Verbot der Regierung ist folgende Begründung beigegeben:

„Trotz einmaligen Verbotes und trotz wiederholter dringender Verwarnungen hat das genannte Blatt in seiner Nummer 243 vom Mittwoch, den 6. Juli 1943, in seinem Artikel „Beinahe ein Staatsstreich", die Schweiz, ihre Politik und Einrichtungen angegriffen; insbesondere enthält dieser Artikel einen Angriff und eine Schmähung des Bundesrates, die zu einer scharfen Massnahme zwingt."

Von früheren Verwarnungen der Regierung hatte man wohl im Lande Kenntnis und musste sich deshalb über die Schreibweise des Blattes wundern. Noch in der Nummer vom Samstag des „Liechtensteiner Volksblattes" wurde auf die Neutralitätsverletzungen von jener Seite hingedeutet, wie wir überhaupt auf die - milde gesprochen - gänzlich unliechtensteinische Haltung des verbotenen Blattes hinzuweisen uns von Zeit zu Zeit verpflichtet fühlten. Die neuerliche Heruntermachung schweizerischer Verhältnisse und die Herabwürdigung der höchsten Landesbehörde der befreundeten Eidgenossenschaft musste bei der grössten Duldsamkeit und bei der weitmaschigen Pressefreiheit das Verbot der Regierung herbeiführen.

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[1] L.Vo., Nr. 79, 13.07.1943, S. 1. Siehe auch die Verwarnung der Schriftleitung des "Umbruchs" durch die Regierung vom 8. Juli 1943 (LI LA RF 219/058/004 mit weiteren Verweisen).