Der Freiwirtschaftsbund verlangt die Einführung einer Steuer für Repräsentanten von Gesellschaften


Schreiben des Liechtensteinischen Freiwirtschaftsbunds, gez. Bundesobmann Hans Nescher, an die Regierung [1]

23.12.1931, Schaan

Der Liechtensteinische Freiwirtschaftsbund als eine Gruppe national und volkswirtschaftlich denkender Liechtensteiner hat Gefertigten als Bundesobmann beauftragt, an Sie, Hohe fürstliche Regierung, folgende Eingabe zur Prüfung und Weiterleitung an den Hohen Landtag zu machen.

Nach Art. 239 des PGR [2] haben Verbandspersonen einen dauern hier wohnhaften Liechtensteiner (oder inländische Firma) als Repräsentanten zu bezeichnen oder als Prokuristen zu ermächtigen. Diese Repräsentanten beziehen von diesen hier domizilierten Gesellschaften je nach Art und Grösse derselben eine mehr oder weniger hohe Gebühr, die zusammen bei den rund 800 Gesellschaften die Summe von ca 200'000.- Fr. ausmachen dürfte. Diese Einnahmequelle, die Repräsentanz der Gesellschaften, die eigentlich im Grundprinzip erst durch das PGR eine gesetzliche Grundlage erhalten hat, ist im Landesgesetzblatt Nr. 4 vom Jahre 1921 nicht erwähnt und nehmen wir an, dass der damalige Gesetzeserlasser sämtliche Einnahmen aus diesem Titel überhaupt nur dem Staate zugedacht hat. [3]

Wir möchten nun die Hohe fürstliche Regierung auf den Umstand aufmerksam machen, dass die versch. Herren Repräsentanten die vorerwähnte Summe wirklich mühelos einnehmen, durch Gesetzeserlass dazu verpflichtet werden sollte, für das Jahr pro vertretende Gesellschaft etc dem Staate eine Gebühr von Fr. 50.-. zu entrichten.

Diese neu geschaffene Staatseinnahme, die die Summe von rund Fr. 40'000.- ausmachen dürfte, könnte der Liechtensteinischen Landesbank zugewiesen werden, die damit den Hypothekarzinsfuss für inländische Haus- und Grundbesitzer um wenigstens ½ Prozent herabsetzen müsste.

Wir bitten die Hohe fürstliche Regierung, in Anbetracht der leichten Durchführbarkeit einer solchen gerechten Verordnung und in Erwägung des grossen volkswirtschaftlichen Momentes, dieses Gesuch in Form einer Regierungsvorlage dem Hohen Landtage baldigst zur Behandlung zu unterbreiten. [4]

Für den Liechtenst. Freiwirtschaftsbund der Bundesobmann:

 

 

______________

[1] LI LA RF 124/428/001r.
[2] Das Personen- und Gesellschaftsrecht vom 20.1.1926, LGBl. 1926 Nr. 4.
[3] LGBl. 1921 Nr. 4 enthält das Finanzgesetz für das Jahr 1921. Gemeint ist wohl LGBl. 1926 Nr. 4.
[4] Die Eingabe wurde am 5.1.1932 von Regierungschef Josef Hoop zur Äusserung weitergeleitet an die Steuerverwaltung. Diese lehnte die Einführung der vorgeschlagenen Steuer ab (LI LA RF 124/428/001v). Die Regierung teilte Nescher dann mit Schreiben vom 19.4.1932 mit, dass sie seiner Eingabe nicht entsprechen könne (LI LA RF 124/428/002)