Das "Liechtensteiner Vaterland" berichtet über die Dankwallfahrt der Jungmänner nach Einsiedeln


Artikel eines Korrespondenten, ungez., im "Liechtensteiner Vaterland" [1]

15.5.1946

Wir danken für Freiheit und Frieden

Diese Worte schmücken das Abzeichen der ihr Gelöbnis erfüllenden Jugend, die nun Sonntag für Sonntag in Scharen nach Einsiedeln pilgert und dort im Gnadenheiligtum unserer lieben Frau im finsteren Walde in eindrucksvoller Weise ihren Dank abstattet. Für die Liechtensteiner Jungmänner war nun der letzte Sonntag der Tag ihres Dankes, der Tag der Erfüllung ihrer heiligen Gelöbnispflicht.

250 Jungmänner hatten den inneren Drange, Gott zu Danken für die unermessliche Gnade der Errettung aus dem Elende dieses grausamen Weltkrieges, Folge geleistet und pilgerten mit Seiner Durchlaucht dem allverehrten Landesfürsten [Franz Josef II.], Seiner Durchlaucht Prinz Emanuel und dem Herrn Regierungschef [Alexander] Frick an der Spitze mit noch 6500 Jungmännern des Bistums Chur nach Einsiedeln.

Die Teilnehmer durften herrliche, eindrucksvolle Feiern miterleben, die getragen wurden von jener hellerleuchtenden Begeisterung, die in ihrer schönsten Glut doch jenes Mass beibehält, die nur der Religiösität junger Menschen entspringen kann. Sie entfaltet sich in gemeinsamen Gebeten, kraftvollen Gemeinschaftsgesängen und hinterliess für alle einen nachhaltigen, unvergesslichen Eindruck in den stillen weihevollen Nachtanbetungsstunden vor der Gnadenkapelle, bei der Gemeinschaftskommunion aller Teilnehmer, in der imposanten Mitfeier des hl. Messopfers und des feierlichen Treuegelöbnisses. Den würdigen Rahmen bildete der in seiner jahrhundertealten Kunst so herrliche Mariendom, der in seiner majestätischen Schönheit selbst ein Gebet für Gott ist. "Wir ziehen zur Mutter der Gnade", mit diesem ersten gemeinschaftlich gesungenen Lied der Abendkundgebung strömte Begeisterung in alle Herzen. Der auch bei uns so beliebte HH. [Hochwürdige Herr] Pater Lötscher führte dann in bekannt trefflichen Worten in die hohe Feierstunde ein. In machtvoll aufrauschendem Beten drang der Dank der Jugend "Danken wir Dir allmächtiger Gott" zu den barocken grandiosen Gewölben des herrlichen Mariendomes. 23 Vertreter der Kantone und ein Vertreter unseres Landes trugen dann die Wallfahrtsdankeskerzen, die mit dem Wappen jedes Kantons, die liechtensteinische mit dem Fürstenwappen, geziert waren, in die Gnadenkapelle, wo sie vor dem Bilde unserer Gnadenmutter als Symbole unserer Dankbarkeit brennen werden. Mächtig klang aus den jugendlichen Kehlen das himmelstürmende "Grosser Gott wir loben Dich" zum eucharistischen Segen überleitend. Mit einem Gruss an Maria schloss diese Abendkundgebung, die heilige Nacht der Gebetsstunden eröffnend. Hunderte von Jungmännern knieten während der Nacht vor dem Gnadenbilde unserer Beschützerin und dankten in unermüdlichem Beten. Die Kommunionsfeier am Morgen gehört zum tiefsten Eindruck der ganzen Wallfahrt. 6500 Jungmänner knieten an der Kommunionbank und empfingen die hl. Eucharistie.

Um neun Uhr füllte sich der Dom wieder ganz zum feierlichen Pontifikalamt. Dabei musste der HH. Generalsekretär [Josef Meier] die traurige Mitteilung machen, dass zwei Verbandsbrüder auf dem Wege zur Wallfahrt mit dem Motorrad schwer verunglückt seien. Der eine, Präfekt einer Jungmannschaft, ist in die Ewigkeit abberufen worden, der andere, sein leiblicher Bruder, liege schwer verletzt im Spital zu Schwyz. Die Jungmänner gedenken ihrer mit einem andächtigen Vaterunser.

Darauf bestieg unser Diözesanbischof [Christian] Caminada die Kanzel und hielt die Festpredigt in deutscher, romanischer und italienischer Sprache. Im Wechselgesang mit dem Mönchschore erklang dann aus den jugendlichen Kehlen die herrliche Engelmesse, die Jugend feiert das heilige Opfer mit ihrem bischöflichen Zentralpräses, Bischof [Franz] von Streng.

Am Nachmittag defilierten die jugendlichen Scharen, voran die vielen Fahnen und Banner vor den HH. Bischöfen von Chur, Basel, dem gnädigen Herrn Fürstabt von Einsiedeln [Ignatius Staub], seiner Durchlaucht unserem Landesfürsten, seiner Durchlaucht Prinz Emanuel, unserem Herrn Regierungschef, dem Prälaten Dr. Meier, dem Verbandsobmann und anderen Vertretern des Generalsekretariats zur festlichen Kundgebung in den Mariendom.

Das kraftvoll gesungene Bundeslied "Brüder auf" eröffnete dieselbe und leitete zur Eröffnungsansprache des bischöflichen Zentralpräses Bischof von Streng über. Er gab seiner Freude über das Erscheinen so vieler Jungmänner Ausdruck und begrüsste alle im Namen des Verbandes. Einen besonderen Gruss entbot er der fürstlichen Durchlauchten und unserem Regierungschef. Dann begann Mons. Dr. Meier mit mitreissender Begeisterung die zukunftweisende Programmrede: "Die katholische Jungmannschaft der Zukunft muss einig sein, geistig aufgeschlossen bleiben, rein und verantwortungsbewusst, berufstüchtig, gottverbunden und christustreu, sie muss eine sieghafte Jugend, Jugend der ewig jungen, siegenden Kirche sein. Ihr seid teilweise kleine Grüpplein, aber doch seid ihr gross in der Gesamtheit, heute sind wir 6500 Jungmänner in Einsiedeln, am letzte Sonntag waren es 7500, am nächsten werden es über 8000 sein, am 4. Maisonntag werden dann voraussichtlich die 30'000 voll sein, in der Einheit sind wir gross, der weltanschaulich geschlossen – stärkste Jugendverband der Schweiz. Von dieser Einsiedler Wallfahrt aus muss wieder ein Strom der Gnade, des Segens der jungfrohen Begeisterung in die Pfarreien hinausströmen."

Nach dem Gruss an Maria, verbunden mit der Weihe an Maria, folgte das Gelöbnis der Jugend: Aus dankerfülltem Herzen steige zum Allmächtigen empor das Jubellied einer unversehrten, von Gott wunderbar behüteten Jugend – wir wollen katholisch sein, männlich wollen wir werden, Wache für Heimat und Land, wir halten das Erbe der Väter als Treugut in kräftiger Hand Herr – wir stehen bereit. – Wir, die katholische Jugend, bekennen mutig und frei, zu stehen zu Deiner Kirche unerschrocken und treu.

Das Gelöbnis bekräftigend, erklang in mitreissender Glut "Grosser Gott wir loben Dich". Zum Abschluss der Feierstunden wurde der eucharistische Segen erteilt, den Jungmännern als Verheissung neuer innerer Kraft für ihr Wirken. Herrlich erklang dann aus der Gnadenkapelle unübertrefflich schön von den Mönchen zu Ehren der Gottesmutter gesungen das "Salve Regina".

Tief beeindruckt versammelten sich die Liechtensteiner vor der Abfahrt des Zuges noch einmal vor der Gnadenkapelle und nahmen Abschied von dieser ehrwürdigen Stätte, Heimat und Volk der Mutter Gottes empfehlend.

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[1] L.Va., Nr. 39, 15.5.1946, S. 1f. Der Artikel erschien auch in L.Vo., Nr. 58, 16.5.1946, S. 1f.