Maurice Arnold de Forest zeigt sich gegenüber Fürst Franz Josef II. besorgt über den Widerstand der Regierung gegen die Errichtung einer Gesandtschaft in Bern


Schreiben von Maurice Arnold de Forest an Fürst Franz Josef II.[1]

30.11.1944, Grand Hotel Dolder, Zürich

Euere Durchlaucht,

In treuer Ergebenheit zu Euerer Durchlaucht muss ich mich auf meinen gestrigen Brief [2] und unsere heutige telephonische Besprechung, über die Lage in Vaduz meine Beunruhigung jetzt stark betonen.

Die verzögernden Aktionen der Regierung und die wiederholten Einwände, die Nichtunterschreibung des Beglaubigungsbriefes, die Einberufung des Landtages, die auf ein Datum zusammenfiel mit einer Berliner Reise, die mir erscheint als gegenwärtig gefährlich zu sein, des Dr. [Alois] Vogt, [3] dessen Eigenschaften als Unterhändler und dessen Erfolgsaussichten trotz seiner besonderen Beziehung zur Partei ich leider bezweifele, die Verschiebung der Sitzung, und die Gerüchte, die verbreitet werden, machen auf mich keinen guten Eindruck. Man scheint mir um Zeitgewinn zu spielen, während hinter den Kulissen eine Agitation wiederum getrieben wird, um die ganze Sache doch noch zum Scheitern zu bringen.

Ich habe immer gedacht, darauf rechnen zu können, dass, wenn einmal die Verhandlungen mit der Schweiz abgeschlossen sind, Euere Durchlaucht die Herren in Vaduz sicher in fester Hand hätten, sonst hätte ich Euerer Durchlaucht nicht angeraten, so weit zu gehen wie es geschehen ist, noch meinerseits die Verhandlungen zu Abschluss geführt.

Denn man darf nicht vergessen, dass die Bundesregierung ihr Agrément zur Gesandtschaft und zur Ernennung des Prinzen Heinrich als Gesandter bereits gegeben hat, dass sie ihre Einstimmung mit unseren Forderungen für den Geschäftsverkehr in einer schriftlichen Erklärung uns gegeben hat, [4] wobei sie beträchtliche Konzessionen machte, dass sie sich um die Miete eines Gesandtschaftsgebäudes bemüht hat und diese vermittelt hat, und schliesslich, dass sie den Prinzen Heinrich als künftiger Gesandter im Politischen Departement in Bern bereits empfangen hat, wobei der Text des Beglaubigungsschreibens sogar festgestellt wurde. [5]

Man kann nicht mit einer Regierung wie der schweizerischen herumspielen, indem man eine so bedeutende interstaatliche Sache wie diese, über die man sich so vollkommen und endgültig geeinigt hat, einfach fallen lässt oder ihren Abschluss fortwährend aufs unendliche verschiebt. Das Ergebnis solcher wäre, eine vielfach schlimmere Lage geschaffen zu haben als die bisherige.

Ich glaube, dass, neben den konstitutionellen Erwägungen meines gestrigen Schreibens, auch die obrigen Tatsachen und ihre Konzequenzen den Regierungsherren deutlich bekanntgegeben sollten.

Ich halte es zwar aber leider nicht für ausgeschlossen, dass die Herren der Regierung, die schon seit so lange selbstständig die Vertretung des Staates in Bern, an Stelle Euerer Durchlaucht, verfassungswidrig zu sich gerissen haben, die unsinnige Idee nicht hegen würden, zur Erhebung ihres gesunkenen Prestiges in Bern, dort einen persönlichen Sieg über Euere Durchlaucht in dieser Sache davon zu tragen, gleichgültig was das für eine furchtbare Katastrophe für den Staat und das Land bedeuten würde. Diese Folgen sind aber unvermeidlich, wenn Euere Durchlaucht dem Druck jetzt nachgeben.

Ich bitte Euere Durchlaucht zu verzeihen, dass ich mich so offen äussere. Es ist aber meine Pflicht, die Aufmerksamkeit Euerer Durchlaucht auf den Umfang des Elends zu lenken, das nun aus der Lage erwachsen wird, wenn es nicht gelingen würde, diese jetzt rasch zu beherrschen.

Ich verbleibe, wie immer,

Euerer Durchlauchts treuer ergebenster Diener

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[1] LI HALV, Karton 630, Akt Errichtung der liechtensteinischen Gesandtschaft Bern 1944 (e).
[2] LI HALV, Karton 630, Akt Errichtung der liechtensteinischen Gesandtschaft Bern 1944, de Forest an Franz Josef II., 29.11.1944.
[3] Alois Vogt weilte Ende Nov. 1944 in Berlin, um mit deutschen Stellen über die Ausfuhr der fürstlichen Kunstsammlung zu verhandeln.
[4] LI HALV, Karton 630, Akt Errichtung der liechtensteinischen Gesandtschaft Bern 1944 (c).
[5] De Forest stellte Prinz Heinrich am 17.11.1944 im Eidgenössischen Politischen Departement vor. Dabei erklärten sich Pierre Bonna und Carl Theodor Stucki mit dem von de Forest ausgearbeiteten Entwurf des Beglaubigungsschreibens einverstanden (LI HALV, Karton 630, Akt Errichtung der liechtensteinischen Gesandtschaft Bern 1944, de Forest an Bonna, 14.11.1944; de Forest an Franz Josef II., 15.11.1944; Bonna an de Forest, 15.11.1944; de Forest an Franz Josef II., 16.11.1944; de Forest an Franz Josef II., 18.11.1944.