Ein Zeitungbericht schildert die Probleme bei der anstehenden Reform der Fortbildungsschule


Zeitungsbericht, nicht gez. [1]

24.4.1928

Schulreform.

(Eingesandt.)

Unter der Spitzmarke Unsere „moderne" Schule bringt das Volksblatt in Nr. 16 einen Artikel, der in abfälliger, spöttischer Weise unser Schulwesen und die geplanten Neuerungen, Abschaffung des neunten Schuljahres, Reform der Fortbildungsschule, Weihnachtsferien und anderes herabzusetzen und lächerlich zu machen sucht.

Soweit ist es beim Volksblatt nun gekommen. Statt dem Auf- und Ausbau unseres sicher reformbedürftigen Schulwesens das Wort zu reden, gibt es sich dazu her, einem solchen Unsinn seine Spalten zur Verfügung zu stellen, um auch daraus wieder politisches Kapital zu schlagen. Mit solchen Schreibereien dürften Einsender und Schriftleiter aber auch bei den eigenen Leuten nicht viel Ehre einlegen und einer guten Sache ist damit nicht gedient.

Ohne näher auf jenen Artikel des Volksblattes einzugehen, sei für heute nur soviel erwähnt: Die Abschaffung des neunten Schuljahres und die Reorganisation der Fortbildungsschule werden schon seit Jahren diskutiert. Auch dem Volksblatt nahestehende Persönlichkeiten haben sich dafür eingesetzt. Man war eben der Ansicht, dass das neunte Schuljahr, besser der neunte Schulwinter, zu ersetzen und die Fortbildungsschule wirklich reformbedürftig sei. Diese Ansicht herrschte auch allgemein auf der zur Besprechung dieser Fragen im Februar vom Landesschulrat einberufenen Lehrerkonferenz. Nie und niemals war man der Ansicht, dass ein eigentlicher Abbau an der Schulzeit oder am Lehrziel unserer Schulen stattfinden solle. Es wurde im Gegenteil etwa folgendes erwogen und eine unterdessen eingesetzte Kommission wird die Fragen noch näher prüfen: Durch Neugestaltung des Lehrplans — er datiert aus dem Jahre 1890 und entspricht wirklich „modernen" Anforderungen nicht mehr — müssten zunächst neue Grundlagen geschaffen werden. Ernstlich zu erwägen ist ferner, ob es nicht möglich wäre, auch in der Sommerschule in den Oberklassen mehr Stunden zu halten. Bei ähnlichen Verhältnissen müssen in der Nachbarschaft, in der Schweiz und in Vorarlberg, die Schüler auch im Sommer täglich 4—5 Stunden die Schule besuchen. Auch überwiegt ja heute in mehreren liechtensteinischen Gemeinden die landwirtschaftliche Bevölkerung nicht mehr so wie früher.

Ganz besonders änderungsbedürftig ist dann unsere Fortbildungsschule. Jeder Kenner unseres Schulwesens weiss, dass sie zum Teil nur geringe Erfolge zeitigte. Man stelle deshalb den Lehrplan der Fortbildungsschule mehr auf berufliche und praktische Bedürfnisse ein, beschaffe für die Fortbildungsschule neue Lehrmittel, ziehe für den Unterricht, wo es möglich ist, mehrere Lehrkräfte bei und die Erfolge werden sicher besser sein. Will man bei der obligatorischen Fortbildungsschule verbleiben, so sollte doch daneben, wo immer möglich noch eine beruflich eingestellte, fakultative geschaffen werden und sollten dazu von Land und Gemeinden keine Opfer gescheut werden.

Unser Land ist arm, aber an der Schule zu sparen und einem gesunden Fortschritt und einer Fortentwicklung unseres Schulwesens zu wehren, dazu dürfen wir uns nicht hergeben. Was können wir unserer Jugend heute besseres bieten als eine gute Schulbildung? Mit Übelmeinender, spöttischer Kritik aber ist es nicht getan. Allüberall ist man heute daran das Schulwesen neuen Verhältnissen anzupassen. Die neue Zeit, nicht das schemenhafte „neue Wesen", wie der Einsender im Volksblatt sich ausdrückt, verlangt auch bei uns eine neue Schule.

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[1] L.N. 24.4.1928, S. 2.