Die Gewerbegenossenschaft ersucht die Regierung um die Sperre der Handlung von Alois Biedermann, Vaduz, wegen Verstosses gegen das Warenhausverbot


Amtsvermerk von Regierungschef Josef Hoop zuhanden des F.L. Sicherheitskorps [1]

26.1.1938

AV [Amtsvermerk]

Heute Vormittag sprach eine Abordnung der Gewerbegenossenschaft vor und ersuchte um Sperrung der Handlung [Alois] Biedermann in Vaduz, da es sich zum mindesten um ein Unternehmen handle, das nach dem letzten Satz des Art. 3 des Gesetzes vom 6.9.37 (Warenhausgesetz) [2] zu behandeln sei. Zur Begründung ihres Ersuchens fügen sie bei:

  1. Die Migros hat mit Biedermann einen Vertrag auf 2 Jahre, nach welchem in Liechtenstein niemand beliefert wird ausser er.
  2. Die Handlung Biedermann wird behandelt wie eine Migros-Filiale. Markenartikel wie Persil, Maggi, Knorr, die Markenfette und Markenöle würden ihm nicht geliefert, während, wie dies auch bei der Migros in der Schweiz zutreffe, alle anderen liechtensteinischen und schweizerischen Grossisten und Detaillisten diese Artikel erhalten.
  3. Die Handlung Biedermann führe nur typische Migros-Artikel, die nur sie zu den En gros Preisen der Migros bekomme, sonst aber keine andere Handlung. Letztere bekämen Migroswaren von der Migroszentrale überhaupt nicht, sondern müssten sie zu den üblichen Detailverkaufspreisen der Migros in irgend einer ihrer Filialen kaufen.
  4. Die Waren würden an Biedermann auch von der Migros geliefert. Das Migro-Auto bringe dieselben nach Buchs [3] in ein Privathaus neben der Bäckerei Heeb und würden dann vom Autounternehmen Eggenberger in Grabs nach Vaduz geliefert.

Sie führen weiter an, dass die Migrosleitung für ihre Filialen dem Filialführer Fr. 4 Taglohn und Umsatzprovision und den Handlungen, die dem Girodienst angeschlossen seien, 12 % Provision geben. [4]

Die Preisliste von Biedermann decke sich genau mit der Preisliste der Migrosfiliale. [5]

Der Gefertigte machte aufmerksam, ob nicht ein Verbot der Filiale vielleicht eine Reaktion geben und das Warenhausgesetz heraufbeschwören könnte, was aber verneint wird.

Die Vorsprechenden erklären sich bereit, eine Migrospreisliste zu beschaffen und ersuchen die Polizei, einmal, wenn Waren gebracht werden, zu kontrollieren, was für Waren ausgeladen würden, in welcher Verpackung sie seien, wer sie bringt etz. etz.

Der Gefertigte erklärte, dass er der Polizei den Auftrag geben werde, diese Kontrolle vorzunehmen, sobald Gottlieb Gassner in Vaduz einmal das Eintreffen einer Warenlieferung bei Biedermann der Polizei telephonisch melde.

26.1.1938

Dem Sicherheitskorps in Vaduz

zur Durchführung einer Kontrolle gem. des letzten Absatzes

Vaduz, am 26. Jänner 1938

Fürstliche Regierung: 

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[1] LI LA RF 178/215/001.
[2] Gesetz vom 6. September 1937 über das Verbot der Eröffnung von Warenhäusern, Einheitspreisgeschäften und ähnlichen Grossunternehmungen und deren Filialen, LGBl. 1937 Nr. 17.
[3] Handschriftliche Korrektur.
[4] Handschriftliche Ergänzung: "10 %".
[5] Siehe LI LA RF 178/215/006.