Die Regierung beantwortet die Resolution des Heimatdienstes


Schreiben der Regierung, gez. Regierungschef Josef Hoop, an die Landesleitung des Liechtensteiner Heimatdienstes [1]

4.1.1935

In Erledigung Ihrer Resolution vom 9. Dezember 1934 [2] teilen wir Ihnen im Einvernehmen mit Seiner Durchlaucht dem Fürsten [Franz I.] und dem Landtage Folgendes mit: [3]

  1. Soweit Ihre Resolution die Umgestaltung der Regierung, die Wiederherstellung des Referendums und des Initiativrechtes in der ursprünglichen Form, die Einführung eines Unvereinbarkeitsgesetzes für Geistliche und die Auflösung des Landtages anbetrifft, verweisen wir Sie auf die Bestimmungen der Landesverfassung und auf das Gesetz betreffend die Ausübung der Politischen Volksrechte in Landesangelegenheiten [4]. In diesen beiden Gesetzen ist der Weg genau vorgezeichnet, in welcher Art die vorgenannten Fragen gelöst werden können, ohne mit dem Gesetze in Konflikt zu geraten. Sie werden wohl selber einsehen, dass rechtsmässig gewählten Behörden nicht Wünsche oder Forderungen eines kleinen Bruchteiles der Bevölkerung für ihre Entschliessungen massgebend sein können. Es würde zu absurden Zuständen führen, wenn Landtag und Regierung heute dem Wunsche eines bescheidenen Bevölkerungsteiles, morgen dem vielleicht genau gegenteiligen Wunsche eines anderen Bevölkerungsteiles Rechnung tragen würden. Deshalb weisen Verfassung und Gesetze einen klaren Weg, Wünschen, wie die von Ihnen vorgebrachten, Geltung zu verschaffen.
  2. Was die Sparmassnahmen anbetrifft, verweisen wir Sie auf die steten Bemühungen der Regierung und des Landtages, die Staatsausgaben auf das Unumgänglich Notwendige einzuschränken und die Staatseinnahmen zu erhöhen. Das betrifft auch den Gehalts- und Beamtenabbau, wobei zu bemerken ist, dass ein Beamtenabbau nur dort in Frage käme, wo dies ohne Schädigung der Staatsinteressen möglich wäre. Der Gehaltsabbau und der Beamtenabbau sind schon in mehreren Sitzungen des Landtages reiflich besprochen worden.
  3. Bezüglich der Neubesetzung des Arbeitsamtes teilen wir Ihnen mit, dass die Regierung keinen Grund sieht, Ihrem Verlangen zu entsprechen. Der derzeitige Leiter des Arbeitsamtes [Gebhard Walser] hat bisher entsprochen. Einzelne Reklamationen werden immer vorkommen. Jeder, der in einem öffentlichen Amte steht, kann es nie allen Leuten recht machen und muss eben damit rechnen, dass seine Tätigkeit nach verschiedenen Gesichtspunkten und Bedürfnissen kritisiert wird. Dabei ist nicht zu vergessen, dass speziell der Leiter des Arbeitsamtes eine ausserordentlich undankbare Tätigkeit leisten muss.
  4. Soweit Ihre Resolution die Berufung eines Prinzen des fürstlichen Hauses in die Regierung betrifft, teilen wir Ihnen mit, dass die Mitglieder des durchlauchtigsten Fürstenhauses restlos auf dem Boden der Verfassung und Gesetze stehen. Es besteht deshalb kein Anlass, im Besonderen auf Ihr diesbezügliches Verlangen einzugehen.

Hiermit sind Ihre Schreiben vom 10. Dezember d.J. [dieses Jahres] an die fürstliche Regierung und die fürstliche Kabinettskanzlei sowie Ihr Telegramm an Seine Durchlaucht vom 9. Dezember d.J. als erledigt zu betrachten. [5] 

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[1] LI LA RF 149/139/050.
[2] LI LA RF 149/139/012 (1. Fassung), LI LA RF 149/139/019 (2. Fassung).
[3] Die Regierung hatte Fürst Franz I. am 24.12.1934 einen Entwurf des Antwortschreibens übermittelt (LI LA RF 149/139/047, 048-049, 051), der von diesem "vollinhaltlich [...] genehmigt" wurde (LI L RF 149/139/052).
[4] Das Gesetz vom 31.8.1922 betreffend die Ausübung der politischen Volksrechte in Landesangelegenheiten (LGBl. 1922 Nr. 28), abgeändert durch LGBl. 1930 Nr. 8, LGBl. 1931 Nr. 5 und LGBl. 1932 Nr. 9.
[5] LI LA RF 149/139/041 (Abschrift der Depesche an den Fürsten), 042 (Schreiben an die Kabinettskanzlei), 043-045 (Schreiben an die Regierung).