Die Regierung fordert die Akteure im Gesellschaftsgeschäft auf, jegliche Werbung im Ausland zu unterlassen


Schreiben der Regierung, gez. Regierungschef Josef Hoop, an die Akteure im Gesellschaftsgeschäft [1]

21.9.1931

An alle Parteienvertreter!

Die jüngsten Verhältnisse in Deutschland und insbesondere die Auswirkungen der deutschen Notverordnung über die Kapitalflucht [2] zwingt die fürstliche Regierung, auch ihrerseits Massnahmen zu ergreifen. Gerade in der letzten Zeit hat seitens Liechtenstein bezw. seitens der Vertrauensmänner liechtensteinischer Vertreter eine Propaganda für Domizilierungen in Liechtenstein eingesetzt, die nichts weniger als nützlich war. Es wurden vielmehr durch diese vielfach schreiende Propaganda in Zeitschriften und Tageszeitungen die deutschen kompetenten Stellen auf unser Land aufmerksam, man vermutete grosse Kapitalverschiebungen zu uns und hat darum auch derartige scharfe Bestimmungen erlassen.

Im Interesse der Erhaltung unserer Staatseinnahmen ersucht Sie daher die fürstliche Regierung, jeden Hinweis auf Steuer-, Niederlassungs- und dgl. Verhältnisse in Abhandlungen über Liechtenstein oder Inseraten in ausländischen Blättern und Zeitschriften zu unterlassen und diesbezügliche Weisungen auch an Ihre Vertreter im Auslande zu geben.

Wir sehen uns verpflichtet, über die Einhaltung dieser unserer Massnahmen genau zu wachen und behalten uns im Falle ihrer Missachtung die strengsten Massnahmen vor.

Wir ersuchen auch, uns oder unserer Steuerverwaltung alle jene Fälle anzuzeigen, die geeignet sind, auf unsere Landeseinnahmen sich ungünstig auszuwirken und sind Ihnen dankbar, wenn Sie uns gegebenenfalls geeignete Vorschläge machen.

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[1] LI LA RF 122/045/003. Das Schreiben ging an die Rechtsanwälte Alois Ritter, Wilhelm Beck und Ludwig Marxer sowie die Rechtsagenten Josef Ospelt, Louis Seeger, N. Matt (wohl verschrieben für Albert Matt), David und Oswald Bühler, Eugen Schafhauser und Klemens Gassner, am 22.9.1931 zudem zur Kenntnis an die Bank in Liechtenstein, die Sparkasse, Guido Feger und die Steuerverwaltung.
[2] Verordnung des Reichspräsidenten gegen die Kapital- und Steuerflucht, 1.7.1931, RGBl., 1931, I, S. 373-376; Verordnung des Reichspräsidenten über die Devisenbewirtschaftung, 1.8.1931, RGBl., 1931, I, S. 421-425.