Die liechtensteinische Gesandtschaft in Bern ersucht das Schweizerische Politische Departement um die generelle Übernahme der liechtensteinischen Interessenvertretung in Prag


Maschinenschriftliche Note der liechtensteinischen Gesandtschaft in Bern, nicht gez., an die Abteilung für Auswärtiges des Schweizerischen Politischen Departements [1]

20.4.1921, Bern

Nachdem der Schweizerische Bundesrat mit der geschätzten Note vom 24. Oktober 1919 in freundlichster Weise die Interessenvertretung des Fürstentums Liechtenstein in allen Ländern übernommen hat, wo dasselbe keine eigene Vertretung besitzt oder zu errichten gedenkt, [2] beehrt sich die Fürstlich Liechtensteinische Gesandtschaft an das Schweiz. Politische Departement im Auftrage Seiner Durchlaucht des regierenden Fürsten von Lichtenstein [Johann II.] [3] und der Fürstlichen Regierung [4] die Anfrage zu richten, ob es die Freundlichkeit hätte, die Vertretung der Liechtensteinischen Interessen in der Tschechoslowakei ebenfalls zu übernehmen, da von der Errichtung einer eigenen Vertretung in Prag, die Seine Durchlaucht der regierende Fürst sich seinerzeit vorbehalten hatte, nunmehr dem Wunsche des Landes entsprechend, abgesehen wird. [5]

Die Fürstliche Gesandtschaft wäre dem Politischen Departement für eine baldige Erledigung dieser Angelegenheit in zustimmendem Sinne sehr verbunden und benutzt gerne den Anlass, das Politische Departement erneut ihrer ausgezeichneten Hochachtung zu versichern. [6]

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[1] LI LA V 002/0048 (Aktenzeichen der liechtensteinischen Gesandtschaft in Bern: 463/21). Vgl. das Schreiben der liechtensteinischen Gesandtschaft in Bern an die fürstliche Kabinettskanzlei vom 4.4.1921, wonach das Schweizerische Politische Departement grosse Bedenken gegen die Übernahme der liechtensteinischen Interessenvertretung in Prag in den Angelegenheiten der tschechoslowakischen Bodenreform äusserte, jedoch eine allgemeine und regelmässige Vertretung Liechtensteins in der Tschechoslowakei seitens der Schweiz befürwortete (LI LA V 002/0048 (Aktenzeichen der liechtensteinischen Gesandtschaft in Bern: 371/21)).      
[2] Vgl. die Note des Schweizerischen Politischen Departements an den liechtensteinischen Geschäftsträger in Bern, Emil Beck, vom 24.10.1919 (LI LA V 143/4375 (Aktenzeichen des Politischen Departements: 111.T/M.-B.14.24.B.4)).
[3] Vgl. das diesbezügliche Schreiben des fürstlichen Kabinettsdirektors Josef Martin an die liechtensteinische Regierung vom 14.4.1921 (LI LA V 002/0048 ((Aktenzeichen der fürstlichen Kabinettskanzlei: Präs. Nr. 104)).
[4] Vgl. das diesbezügliche Schreiben der liechtensteinischen Regierung an die liechtensteinische Gesandtschaft in Bern vom 18.4.1921 (LI LA V 002/0048 (Aktenzeichen der Regierung: Z. 58/Präs.)).
[5] Vgl. das Schreiben des liechtensteinischen Gesandten in Wien, Prinz Eduard, an die liechtensteinische Regierung vom 30./31.10.1919 (LI LA RE 1919/5402 ad 0589 (Aktenzeichen der liechtensteinischen Gesandtschaft in Wien: 397/2)): Nach Auffassung von Prinz Eduard war die Schaffung einer eigenen liechtensteinischen Gesandtschaft in Prag ohne den Einfluss der französischen Regierung kaum durchführbar. Das Haupthindernis sah Prinz Eduard in der ausserordentlich starken Gegenströmung seitens der tschechoslowakischen sozialdemokratischen Partei.
[6] Der liechtensteinische Geschäftsträger Beck berichtete der fürstlichen Kabinettskanzlei am 25.4.1921, dass der Schweizer Bundesrat zur Vertretung der liechtensteinischen Interessen in der Tschechoslowakei in einer der nächsten Sitzungen Stellung nehmen werde. Das Schweizerische Politische Departement befürworte die Übernahme der Vertretung und habe auch versprochen, die Angelegenheit dringlich zu behandeln. Wenn der Bundesrat die Übernahme der Interessenvertretung grundsätzlich beschliesse, so werde er bei der Regierung in Prag anfragen, ob diese dagegen etwas einzuwenden habe. Wenn dies nicht der Fall sei, so werde die Interessenvertretung seitens der Schweiz definitiv übernommen werden. Ferner bemerkte Beck, dass es die Schweiz ablehne, liechtensteinischen Staatsangehörigen, die gleichzeitig das tschechoslowakische Bürgerrecht besitzen, gegenüber diesem Staat diplomatischen Schutz zu gewähren. Auch Schweizer in dieser Lage könnten sich nicht auf den diplomatischen Schutz der Schweiz berufen (LI LA V 002/0048 (Aktenzeichen der liechtensteinischen Gesandtschaft in Bern: 484/21)). Vgl. in weiterer Folge das Schreiben von Beck an die fürstliche Kabinettskanzlei vom 19.5.1921 über die schweizerischen Sondierungen in Prag (LI LA V 002/0048 (Aktenzeichen der liechtensteinischen Gesandtschaft in Bern: 649/21)).