Die Regierung verbietet Demonstrationen und politische Provokationen


Maschinenschriftliche Kundmachung der Regierung, gez. Regierungschef Josef Hoop [1]

27.3.1941

Kundmachung

Die Regierung hat beschlossen:

1. Die ständige Polizei ist durch Hilfspolizei soweit zu ergänzen, dass Störungen von Ruhe und Ordnung nicht mehr vorkommen können. Zu diesem Zwecke erhält die Polizei den Auftrag, Ansammlungen von mehreren Personen auf Strassen und Plätzen zu verhindern.

2. Die Hilfspolizei ist zu einer mehrtägigen Ausbildung durch die reguläre Polizei einzuberufen. Als Hilfspolizisten kommen nur durchaus verlässliche, die Regierung restlos unterstützende Personen in Frage.

3. Provokationen jeder Art sind den liechtensteinischen Zeitungen oder sonstwie öffentlich zu unterlassen.

Insbesondere gilt

  1. Jedwede unliechtensteinische Schreibweise in liechtensteinischen Blättern und jede unliechtensteinische Haltung in der Öffentlichkeit ist zu unterlassen. Auslassungen, die als hochverräterisch ausgelegt werden können, sowie persönliche Verunglimpfungen sind in Rede und Presse zu vermeiden. In politischen und vor allem in aussenpolitischen Fragen ist strengste Zurückhaltung zu üben.
  2. Das Marschieren und das geschlossene Auftreten sowie das geschlossene Auftreten als Politische Partei oder Sportorganisation, ferner das Singen politischer Lieder, die als Provokation aufgefasst werden können, sind zu unterlassen. Das Tragen von Abzeichen einer Politischen Organisation ist verboten.
  3. Der öffentliche Gebrauch des deutschen Grusses (Erheben der Hand oder Hitlergruss) ist zu unterlassen.
    Die Verordnung der fürstlichen Regierung betreffend das Verbot des Tragens von Parteiuniformen, [2] die Verordnung betreffend die Abhaltung von Kundgebungen unter freiem Himmel, [3] die Verordnung betreffend den Gebrauch ausländischer Hoheitszeichen, [4] die Verordnung betreffend die Gerüchtemacherei [5] und die Verordnung betreffend den Bewilligungszwang von Versammlungen [6] sind strengstens einzuhalten.
  4. Das Abschiessen von Böllern, Abbrennen von Feuern im Freien, das Aufmalen von Hackenkreuzen und ähnlichen Simbolen und das Ausstreuen von politischen Emblemen sind verboten.
  5. Die Handhabung des Waffengesetzes [7] wird verschärft werden.
    Waffen sind bei der Polizei binnen einer von der Regierung zu bestimmenden Frist anzumelden.

4. Die Regierung behält sich vor, andere Äusserungen der Tätigkeit der politischen Parteien zu verbieten.

Soferne diese Massnahme nicht die absolute Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung zu gewährleisten vermögen, fasst die Regierung schon jetzt ins Auge, die politischen Parteien und die bestehenden Zeitungen zu verbieten und ein amtliches Informationsorgan zu schaffen. Ersatz- oder Neugründungen von Zeitungen dürften in diesem Falle bis auf Weiteres nicht erfolgen.

5. Übertretungen dieser Vorschriften werden vorbehaltlich der bestehenden strafgesetzlichen Bestimmungen von der fürstlichen Regierung mit Geldstrafen bis zu 1000 Fr. bezw. Arrest bis zu 10 Wochen bestraft. Beide Strafen können miteinander verbunden werden.

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[1] LI GAT 17/7/28. Die Kundmachung ging gemäss handschriftlichem Vermerk am Ende des Dokuments an alle Ortsvorstehungen "zur Verlautbarg. auf dem Kirchenplatz Sonntag den 30.III.1941". Vgl. auch LGBl. 1941 Nr. 10.
[2] LGBl. 1934 Nr. 9.
[3] LGBl. 1934 Nr. 15.
[4] LGBl. 1940 Nr. 9.
[5] LGBl. 1940 Nr. 11.
[6] LGBl. 1940 Nr. 15.
[7] LGBl. 1897 Nr. 2.