Regierungschef Gustav Schädler orientiert Landesvikar Johann Georg Marxer über die nächtliche Verteilung von antikatholischen „Schmähschriften“ der Ernsten Bibelforscher in Vaduz


Maschinenschriftliches Schreiben der Regierung, gez. Regierungschef Gustav Schädler, an Landesvikar Johann Georg Marxer [1]

26.1.1925

Seine Hochwürden Herrn Kanonikus Dr. J. G. Marxer, bischöflicher Landesvikar Vaduz

Wir haben wiederholt wahrgenommen, dass auch bei uns nächtlich Schmähschriften der Gesellschaft Ernster Bibelforscher herumgeboten werden, namentlich aber neuerdings in der Nacht vom 24./25. Jänner 1925. Um den betreffenden Personen endlich einmal zu Leibe gehen zu können, haben wir unserer Polizei angewiesen, der Sache mit allem Nachdrucke nachzugehen. Wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie uns eventuelle, Ihnen zur Kenntnis gelangende Tatsachen, die mit dieser Angelegenheit zusammenhängen, mitteilen würden. [2]

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[1] LI LA RE 1925/0391.
[2] Vgl. das Antwortschreiben von Landesvikar Marxer an die Regierung vom 28.1.1925 (LI LA RE 1925/0441 ad 0391): „Prälat [Johann Baptist] Büchel schrieb mir bereits am Montag, ich möchte die Hohe Regierung ersuchen, diesem Treiben Einhalt zu gebieten. Das Vorgehen von letztem Sonntage hat eine noch viel stärkere Beunruhigung unter der Bevölkerung hervorgerufen als das Legen von Flugblättern im Herbste des letzten Jahres. Aber was herumgesagt wird, geht nur auf Vermutungen hinaus … .“ – Am 8.2.1925 wurden 4 Personen verhaftet, die in Ruggell diese „Schmähschriften“ verteilten. Das folgende Strafverfahren endete am 11.1.1927 mit Verurteilungen nach § 303 des Strafgesetzes von 1852/1859 (LI LA J 007/S 057/038). Ebd. finden sich auch zwei Exemplare der inkriminierten Schrift „Offene Anklage gegen die Geistlichkeit“.