Vertrag zwischen der Regierung sowie der Roditi International Corporation Ltd. und der Mills Rockley Ltd. über die Errichtung eines Radiosenders in Liechtenstein


Maschinenschriftlicher Vertrag, gez. Regierungschef Josef Hoop, George T. Mills, Direktor von Mills & Rockleys Ltd., und William Kenmore, Direktor von Roditi International Corporation [1]

25.9.1937

Vertrag

zwischen der Regierung des Fürstentums Liechtenstein, im Nachstehenden Regierung genannt, einerseits

und

Roditi International Corporation Ltd. und Mills & Rockley Ltd., im Folgenden "Gruppe" genannt, andererseits.

1.

Die Konzession zum Betrieb einer Rundspruchsendeanlage mit Wellenlänge 209.9 und einer Maximalleistung von zwei KW wird für die Zeitdauer von 25 / fünfundzwanzig / Jahren ausschliesslich der Gruppe erteilt. Bei Unterbrechung des Sendebetriebes infolge höherer Gewalt wird diese Zeit in die Konzessionsdauer von 25 Jahren nicht eingerechnet.

Die Dauer des Vertrages läuft automatisch um jeweils 10 / zehn / Jahre weiter, falls der Vertrag nicht 5 / fünf / Jahre vor Ablauf gekündigt wird. Dies gilt auch für das erste Mal.

2.

Die Gruppe hat bei Erteilung der Konzession Zug um Zug gegen Aushändigung dieser eine Gebühr von 100'000 / einhunderttausend / Schweizer Franken an die Regierung zu bezahlen.

3.

Im Falle der Zurverfügungstellung einer für Englandbestreichung geeigneten Kurzwelle zwischen 18 und 40 / achtzehn und vierzig / Metern für Tagesbetrieb und einer entsprechenden Kurzwelle zwischen 40 und 90 / vierzig und neunzig / Metern für Nachtbetrieb mit einer Sendeenergie von 20 bis 40 / zwanzig bis vierzig / Kilowatt Trägerwellenleistung oder der Zuteilung einer geeigneten mittleren oder langen Welle mit einer Sendeenergie-Trägerwellenleistung von 200 bis 300 / zweihundert bis dreihundert / Kilowatt und der Erreichung der Bewilligung von Reklamesendungen hat die Gruppe eine weitere Gebühr von 200'000 / zweihunderttausend / Schweizer Franken an die Regierung zu entrichten.

Diese Gebühr ist bei Erteilung der Konzession zum Betriebe des Senders auf Welle 209.9 bei der Sparkasse für das Fürstentum Liechtenstein in Vaduz sicherzustellen und haftet auch für die Einhaltung der Konzessionsbestimmungen, für die Baukosten des Senders auf Welle 209.9 Metern und für allfällige rechtskräftig ausgesprochene Verpflichtungen der Gruppe. Für höhere Gewalt haftet die Gruppe nicht.

Bei Inbetriebnahme eines grossen Senders gemäss Absatz 1 dieser Ziffer zahlt die Gruppe eine weitere Gebühr von 100'000 / einhunderttausend / Schweizer Franken an die Regierung.

4.

Die Gruppe bezw. die Liechtensteinische Rundspruch Aktiengesellschaft "Lirag" (siehe Ziffer 10) hat der Regierung von den Brutto-Einnahmen ihres Sendebetriebes jährlich 25 % / fünfundzwanzig von Hundert / abzuliefern.

5.

Die Errichtung des Senders gemäss Ziffer 1 und des täglichen mindestens einstündigen Sendebetriebes gehen zu Lasten der Gruppe bzw. der Lirag.

6.

Bei der Anstellung von Personal zum Bau und Betrieb des Senders sind in erster Linie liechtensteinische Kräfte zu berücksichtigen, sofern diese unter denselben Bedingungen wie solche aus dem Ausland beschafft werden können.

Die Gruppe bzw. Lirag sind berechtigt, das nötige technisch und fachlich vorgebildete Personal in das Land zu bringen. Die Regierung wird für diese Personen die Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung erteilen.

7.

Alle Programme, die gesendet werden, sind der Regierung oder einer von ihr zu schaffenden Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorzulegen. Wege der Sendung von durch die Regierung oder die von ihr geschaffene Aufsichtsbehörde genehmigte Programme kann die Regierung die Gruppe bzw. die Lirag nicht verantwortlich machen.

8.

Der Bau des Senders gemäss Ziffer 1 hat sofort nach Konzessionserteilung zu beginnen und möglichst bald fertiggestellt zu werden. Die Gruppe bzw. die Lirag hat daher mit der Lieferfirma des Senders einen möglichst kurzfristigen Liefertermin zu vereinbaren.

Nach Anlieferung der Sendeanlage und deren Montage ist der Sendebetrieb unverzüglich gemäss Ziffer 5 aufzunehmen.

9.

Die schweizerischen Vorschriften der "Konzession für die Benützung der Rundspruchsender der eidgenössischen Post- und Telegraphenverwaltung" de dato Bern 30. November 1936, ausgegeben vom schweizerischen Post- und Eisenbahndepartement sind sinngemäss auf den liechtensteinischen Sender anwendbar.

10.

Die Konzession ist ohne Bewilligung der Regierung nicht übertragbar. Die Regierung bewilligt auf jeden Fall die Übertragung an eine in Liechtenstein zu gründende Rundspruchgesellschaft, in diesem Vertrag "Lirag" genannt.

11.

Dieser Vertrag gibt der Gruppe das ausschliessliche Recht, jede der Regierung während der Vertragsdauer zur Verfügung stehende Rundfunksendemöglichkeit zu benutzen uhnd erstreckt sich auf alle Arten von Rundfunksendungen einschliesslich Television, Bildtelegraphie und Fernkinematographie.

Die Gruppe bzw. die Lirag hat das Recht, Apparate oder Apparateteile für Sendung und Empfang in Liechtenstein zu fabrizieren.

12.

Falls die Bemühungen, eine grössere Station im Sinne der vorstehenden Ausführungen zu schaffen und Reklamesendungen auszuführen, nicht innerhalb von zwei Jahren nach Unterschrift dieses Vertrages von Erfolg gekrönt sein sollten, hat die Gruppe bzw. die Lirag folgende Rechte:

Entweder A.): 150'000 / einhundertfünfzigtausend / Schweizer Franken aus der Kautionssumme abzuheben und den Sendebetrieb auf Welle 209.9 aufrechtzuerhalten.

In diesem Falle hat die Gruppe bzw. die Lirag das Recht, falls zu einem späteren Zeitpunkt während der Vertragsdauer die oben erwähnten Bewilligungen erteilt werden, gegen Zahlung der vollen Konzessionsgebühr von 200'000 / zweihunderttausend / Schweizer Franken in den Genuss sämtlicher Vertragsrechte zu gelangen.

Oder B.): Die gesamte Kautionssumme von 200'000 / zweihunderttausend / Schweizer Franken abzuheben und den kleinen Sender auf Welle 209.9 Metern mit Konzession für diese Welle an einen Interessenten mit Bewilligung der Regierung zu verkaufen oder zu verpachten. Diese Bewilligung darf nicht versagt werden, wenn der Käufer oder Pächter die persönliche und finanzielle Gewähr bietet, die Konzessionsbedingungen für den kleinen Sender 209.9 einzuhalten.

Und schliesslich C.): Die gesamte Kautionssumme von 200'000 / zweihunderttausend / Schweizerfranken abzuheben und den Sendebtrieb stillzulegen.

In diesem Falle und im Falle B. hat die Gruppe bzw. die Lirag, falls zu einem spätern Zeitpunkt während der Vertragsdauer die vorerwähnten Bewilligungen erteilt werden, gegenüber der Regierung Anspruch auf Meistbegünstigung gegenüber dritten Interessenten, sodass die Gruppe bzw. die Lirag das Recht hat, zu gleichen Bedingungen wie sie andern eingeräumt werden würden, die Konzession für sich zu erlangen.

13.

Die Gruppe bzw. die Lirag ist berechtigt, im Notfalle für ihren eigenen Bedarf Elektrizität selbst zu produzieren. Sie ist berechtigt, das benötigte Wasser selbst zu beschaffen.

14.

Die Konzession kann seitens der Regierung jederzeit ohne Entschädigung zurückgenommen werden, wenn lebenswichtige Interessen des Landes durch den Sendebetrieb der Gruppe bzw. der Lirag gefährdet sind.

15.

Die Regierung verpflichtet sich, die Gruppe bzw. die Lirag in ihren Bemühungen zur Erreichung von Wellen gemäss Ziffer 3 und der Bewilligung von Reklamesendungen mit ihrem ganzen Einflusse zu unterstützen, gegebenenfalls selbst alle geeigneten Schritte zu unternehmen, um die entsprechenden Bewilligungen zu erreichen.

Insbesondere wird die Regierung sich mit ihrem ganzen Einflusse bemühen, die Bestimmungen des Punkt III, § 10, Ziffer 5a der von dem Post- und Eisenbahndepartement der Schweiz am 30. November 1936 in Bern ausgegebenen Konzessionsbestimmungen, auf welche in Ziffer 9 dieses Vertrages Bezug genommen ist, für das Land Liechtenstein ganz oder teilweise wirkungslos zu machen.

Ferner wird die Regierung die Gruppe bzw. die Lirag in jeder Weise dabei unterstützen, dass sie zollfrei die Sendeanlage oder Teile dieser und die Programmträger (Schallplatten oder Filme) einführen kann.

Die Regierung wird keine neuen urheberrechtlichen gesetzlichen Bestimmungen einführen, durch welche der Sendebetrieb der Gruppe bzw. der Lirag belastet wird, sofern sie nicht durch internationale Verträge dazu gezwungen ist.

Aus dem Umfang dieser Verpflichtungen der Regierung können jedoch seitens der Gruppe bzw. der Lirag keine Schadenersatzansprüche oder andere Rechte abgeleitet werden.

16.

Die Gruppe bzw. die Lirag verpflichtet sich, nach Aufnahme des Sendebtriebes gemäss Ziffer 5 der Regierung den Sender 4 / vier / Stunden in der Woche kostenlos zur Verfügung zu stellen. Die Tageszeiten für diese Stunden sind zwischen der Regierung und der Sendeleitung einvernehmlich festzusetzen, wobei die Wünsche der Regierung zu berücksichtigen sind.

 

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[1] LI LA RF 166/073/004/078. Siehe auch den Nachtrag zu diesem Vertrag, ebenfalls vom 25. September 1937 (LI LA RF 166/073/004/080).