Katharina Brendle an Balbina Gstöhl über die neue, aber noch turmlose Pfarrkirche in Ruggell und den Bau eines separaten Glockenhüttchens im Kehlerfeld


Handschriftliches Originalschreiben (Fragment) der Katharina Brendle (Maria Katharina Gerner [-Brendle]) an ihre Firmpatin Balbina Gstöhl (Maria Balbina Öhri [-Gstöhl]), Spencer (Nebraska) [1]

o.J. (ca. 1901), o.O.

(…) [2]

In der Nacht hat mir geträumt ich
müsse Euch noch schreiben, dass jetzt
die Ruggeller in die neue Kirche [3] ein
gezogen sind, aber dadurch ist wieder
einer um das Amt gekommen.
Früher hat der Ulerich [Ulrich Öhri] (wie Ihr wisst [4])
einmal zu mir gesagt, es müsse
immer einer beim Läuten den
Thurm heben. In der neuen
Kirche brauchts das nicht mehr,
den sie vermögen es nicht
mehr einen Thurm zu bauen.
Sie haben im Keelersfeld ein
Hüttlein gebaut u. die Glocken
darin gehängt. jetzt kann [5]
ein Kind das Leuten besorgen
Das ist gewiss ein grosser Vorteil [6]
gegen früher wo es 4 Männer
brauchte u. jetzt kann es ein Kind
versehen. Die Bänke
haben sie auch nur aus der
alten Kirche. [7] Die Zöger [8] kann man
ihnen weder vor- noch rückwärt’s
thun, den sie haben keine mehr.
Da sieht es den in Eschen schon
anders aus. Die Eschner Kirche soll
weit herum die schönste sein, seit sie
ganz ausgstafirt ist. [9]  

Ich will jetzt nun wieder schliesen
in der Erwartung bald eine Antwort von
Euch zu erhalten u. verbleibe 

Euer
Euch noch nie vergessendes
[10] Pathenkind
Katharina Brendle

nochmals viele Grüsse von der
ganzen Familie

______________

[1] LI LA PA 016/3/04/10.
[2] Es ist nur der Schlussteil des Briefes erhalten.
[3] Die neue Pfarrkirche St. Fridolin in Ruggell wurde zwischen 1897 und 1899 erbaut. Der Turm der Pfarrkirche wurde jedoch erst 1902 fertiggestellt. Die erste Messe im neuen Kirchengebäude feierten die Ruggeller an Weihnachten 1899. Die alte Kapelle St. Fridolin wurde um 1900/1901 abgebrochen. Vgl. Cornelia Herrmann, Kunstdenkmäler, Bd. I, besonders S. 298 u. 304.
[4] Ursprüngliche Fassung: „wiẞt“. Das Eszett wird im Folgenden zu „ss“ umgewandelt.
[5] Durchstreichung.
[6] Seitenwechsel.
[7] Erst 1910 lieferte Adolf Vogl aus Hall in Tirol neue Kirchenbänke. Vgl. Herrmann, Kunstdenkmäler, Bd. I, S. 307.
[8] Bedeutung unklar.
[9] Die neue Pfarrkirche St. Martin in Eschen wurde 1893/1894 erbaut. Bis 1895 lieferte der Brixner Bildschnitzer August Valentin den Hochaltar, zwei Seitenaltäre, die Kreuzwegstationen und die Kanzel. Im September 1898 wurde die historisierende Innenausmalung abgeschlossen. Im Mai 1899 wurde der Heiliggrab-Altar aufgestellt. Vgl. Hermann, Kunstdenkmäler, Bd. I, S. 73.   
[10] Durchstreichung.