Sepp Ritter wird vernommen über seine Tätigkeit in der Volksdeutschen Bewegung


Protokoll der Einvernahme, gez. vom stellvertretenden Landrichter Hermann Risch und von Sepp Ritter [1]

13.5.1946

Vor dem f.l. Richter Dr. Hermann Risch und dem Schriftführer Guido Frick.

Über Vorladung erscheint Dr. Sepp Ritter, geb. am 29.1.1912 in Mauren, dah. zust., rk. [römisch-katholisch], verh., des Eduard und der Katharina geb. Biedermann, Tierarzt in Schaan Nr. 374 und gibt informativ vernommen an:

Ich bin im Jahre 1940 zur V.D.B.L. gekommen. Genau wann kann ich nicht sagen. Als einmal Dr. [Alfons] Goop, Dr. [Hermann] Walser, vielleicht auch Ing. Martin Hilti und ich beisammen waren, hat uns Dr. Goop die Sache dargelegt und ich erklärte hierauf, dass ich daran auch Interesse hätte. Ich erklärte aber gleich, dass ich mich aktiv nicht zu sehr beteiligen könne, da ich durch meinen Beruf zu sehr angebunden sei. Als die V.D.B.L. organisiert wurde, hat mich Dr. Goop zu seinem Stellvertreter ernannt. Funktionen oder ein spezielles Betätigungsfeld hatte ich nicht. Glaublich im Jahre 1942 hat mir Dr. Goop das Amt eines Leiters der Sportabteilung übergeben, als Ing. Hilti die Organisationsabteilung übernahm. Wir machten Frei- und Bewegungsübungen und im Winter betrieben wir Skisport. Es handelte sich hiebei lediglich um Turnen und hatte die Sportabteilung keinen anderen Zweck als die körperliche Ertüchtigung.

Ich habe bereits in meinem frühren Protokollen angegeben, [2] wieso es kam, dass ich im Jahre 1943 Landesleiter wurde. Dr. Goop hat mich damals ersucht das Amt zu übernehmen. Tatsächlich war ja wohl kaum ein geeigneter Mann dazu da. Ich nahm es vor allem deshalb an, um Ordnung zu gewährleisten. Praktisch ist ja von diesem Zeitpunkt weg nichts mehr gegangen, es fanden ja bereits Fusionsbestrebungen mit der Vaterländischen Union statt.

Der Zweck der V.D.B.L. war in den Statuten [3] enthalten und wurden diese der fürstl. Regierung übersandt zur Genehmigung wie mir Dr. Goop sagte. Die Statuten liegen also bei der fürstl. Regierung. Das wir als Partei anerkannt wurden, geht schon daraus hervor, dass wir einmal, glaublich im Jahre 1940 zu einer Sitzung aller Parteien bei der fürstl. Regierung eingeladen wurden. [4] Es nahmen daran theil: Reg.Chef Dr.[Josef] Hoop, Landtagspräsident Pfarrer [Anton] Frommelt, Vicechef Dr.[Alois] Vogt, Landtagsvicepräsident Dr.[Otto] Schädler, Dr. M. [Martin] Risch und Dr. R. [Richard] Meier, Dr. Goop und ich. Da von allen Parteien 2 Vertreter an der Sitzung teilnahmen hat Dr. Goop bestimmt, dass ich ihn begleiten solle. Es wurde damals davon gesprochen, dass es zweckmässig wäre, inskünftig eine Zusammenarbeit der Parteien ins Auge zu fassen, womit also auch wir zur Zusammenarbeit eingeladen wurden. Präsident Frommelt stellte an Dr. Goop die Frage wegen des Anschlusses. Ich kann mich heute noch gut an die Antwort Goops erinnern, die lautete: Das Wann und Wie des Anschlusses sei unklar, klar sei nur das Wer, nämlich Fürst und Volk.

Ich könnte nicht sagen, dass ein eigentlicher Führerstab bestanden hätte, der alle wichtigen Fragen behandelt hat. Dr. Goop hat allerdings hin und wieder den Einen oder Andern oder auch einige zusammen zu einer Sitzung kommen lassen, an welchen über die geleisteten Arbeiten gesprochen wurde, damit Dr. Goop im Bilde war.

Ich möchte den Zweck der V.D.B.L folgendermassen festlegen: Er bestand in der Förderung Deutschen Fühlens und in der Einführung moderner Sozialmassnahmen, so wenigstens habe ich den Zweck aufgefasst.

Bei der V.D.B.L galt das Führungsprinzip. Der Landesleiter hat seine Verfügungen getroffen und daran gab es nichts zu rütteln. Auch für jede Abteilungen sind die Richtlinien von Dr. Goop gegeben worden.

Für mich als den Leiter der Sportabteilung bestanden keine Instruktionen.

Bei unserer Zeitung war ich Mitarbeiter und als solcher glaubte ich keine Verantwortung zu tragen, höchstens für solche Artikel, die ich geschrieben habe und dabei handelte es sich lediglich um landw. Artikel. Politische Artikel habe ich keine geschrieben. Überhaupt habe ich sehr selten einen Artikel verfasst, weil ich infolge meines Berufes keine Zeit dazu fand. Damals war mir nicht bekannt, dass ich als blosser Mitarbeiter auch eine Verantwortung trage. Ich war vielmehr der Ansicht, dass die Verantwortung in erster Linie der "verantwortliche Redaktor" und in zweiter Linie der Verfasser trage. Richtig ist, dass Redaktionssitzungen stattgefunden haben, an denen ich aber nur hin und wieder teilgenommen habe, da sie an Nachmittagen stattgefunden haben, wo ich meinem Beruf nachgehen musste. Ich kann mich auch noch erinnern, dass von einem Vetorecht der Mitglieder der Redaktionskommission bestand. Genau wie es sich damit verhalten hat kann ich nicht mehr sagen. Ich muss noch beifügen, dass zu den Redaktionssitzungen jedes Mitglied seine Einsendungen mitbringen konnte, die dann zur Sprache kamen. Später hat dann entweder Dr. Goop schon den vollständigen Text der Zeitung mitgebracht [oder] Martin Hilti hatte ihn schon verfasst. Ich dachte mir, das sei auch recht und habe mich darum dann nicht weiter nicht mehr gekümmert und bin auch deswegen nicht mehr zu den Sitzungen gegangen.

Dass Hugo Meier in Feldkirch irgend eine offizielle Stelle geleitet hätte, ist mir tatsächlich nicht bekannt. Richtig ist, dass ich ca. 3-4 mal bei ihm in Feldkirch war und dabei über die bevorstehenden Wahlen gesprochen habe. Grenzgängerfragen wurden jedoch keine verhandelt. Richtig ist hingegen, dass ich auch mit ihm wegen meiner und meiner Verwandten Grenzkarte mit ihm gesprochen habe.

Über Vorhalt, warum er deswegen bei Hugo Meier vorgesprochen habe, der ja nach seiner Aussage keine offizielle Stelle geleitet habe, erklärt Dr. Ritter: Wenn ich sagte ich hätte mit ihm über Grenzkarten gesprochen so nur in dem Sinn, wohin man sich wenden müsse, was man unternehmen könnte oder ob er ein Weg wisse. So ist z.B. die Grenzkarte meiner Frau einmal abgewiesen worden und von [Karl] Kriener war kein richtiger Bescheid zu erhalten warum dies geschehen sei.

Gefertigt:

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[1] LI LA J 007/S 078/358/024.
[2] Ritter war am 6. Dez. 1945 bereits vernommen worden, da er der Spionagetätigkeit für die Gestapo in Feldkirch verdächtigt wurde. Vgl. LI LA J 007/S 078/337, V 005/1945/1006.
[3] Vgl. LI LA J 007/S 078/358/Beilage zu 33.
[4] Vgl. LI LA J 007/S 078/358/044.