Gustav Matt fordert von der französischen Regierung eine Entschädigung für seine widerrechtliche Internierung


Handschriftliches Schreiben von Gustav Matt, gez. ders., an die liechtensteinische Regierung [1]

13.12.1914, Mauren (Haus Nr. 56) 

Ich danke der hohen fürstl. Regierung bestens für die gütigsten Bemühungen [2] und bringe derselben hiermit zur Kenntnis, dass ich durch weitere gefl. Mithilfe des Herrn Ambassadeur des Etats-Unis à Paris, [3] den 10. Dezember a. c. [4] von meiner widerrechtlichen Kriegsgefangenschaft in Frankreich befreit wurde. Trotz meinen mehrmaligen mündlichen und schriftlichen Reklamationen und Explicationen bei dem Commissariat in Lyon, sowie bei der Prefectur in Clermont-Ferrand konnte ich meine Freiheit nicht erhalten und wurde trotzend zurückgehalten. Ich hatte damit nicht nur gesundheitlich sehr zu leiden, sondern verlor auch grosse Summen von Geld und zwar: 

Gefangenschaft von 6. August - 10. Dez. = rund 4 Monate à Fr. 250.- = Fr. 1000.-, ferner hatte ich Auslagen für Esssachen, da die Beköstigung zu mangelhaft war = 4 Monate à Fr. 50.- pro Monat = Fr. 200.- = total Fr. 1200.- bei sehr mässiger Berechnung. 

Nachdem nun dem tit. Ministere de Guerre in Frankreich den Beweis meiner widerruflichen Zurückhaltung auch von Seite des Herrn Ambassadeur des Etats-Unis erbracht wurde, möchte ich bei dem tit. Gouvernement Français um Vergütung meines erlittenen Schadens nachsuchen, was auch von Seite der zurückbehaltenen Schweizer geschieht, die ebenfalls Bürger von einem neutralen Staate sind.

Die hohe fürstliche Regierung möge daher die diesbezüglichen Schritte einleiten oder eventuell mitteilen, an wenn ich mich in dieser Angelegenheit am besten wenden kann. [5]

In Erwartung einer günstigen Nachricht zeichnend, zum Voraus bestens dankend

 

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[1] LI LA RE 1914/2794 ad 2131 (Aktenzeichen 3320). Eingangsstempel der Regierung vom 16.12.1914. 2 Stempelmarken zu je 10 Heller. Gustav Matt war bei Kriegsausbruch – wie die österreichischen und deutschen Staatsangehörigen - in Lyon arretiert und in verschiedenen Lagern in Südfrankreich interniert worden. Mit Schreiben vom 26.9.1914 aus Cellule hatte sich Matt hilfesuchend an die liechtensteinische Regierung gewandt (LI LA RE 1914/2794 ad 2131).
[2] Die liechtensteinische Regierung erklärte gegenüber der französischen Präfektur in Clermont-Ferrand mit Schreiben vom 24.10.1914, dass das Fürstentum keinerlei militärischen Einrichtungen besitze und sich vollständig neutral verhalte, und ersuchte die französische Behörde Gustav Matt zu entlassen und dessen Heimreise zu befördern (LI LA RE 1914/2794 ad 2131).
[3] Vermutlich handelte es sich um den US-Botschafter William Graves Sharp (1914-1919). Die Vertretung der österreichisch-ungarischen Interessen in Paris sowie der liechtensteinischen Staatsangehörigen war im Gefolge des Kriegszustandes zwischen Österreich-Ungarn und Frankreich von den USA übernommen worden.
[4] Anni currentis: laufendes Jahr.
[5] Landesverweser Leopold von Imhof antwortete Gustav Matt am 16.12.1914, dass die liechtensteinische Regierung derzeit nicht in der Lage sei, das „ganz aussichtslose Gesuch" um Vergütung des ihm aus der Internierung in Frankreich entstandenen Schadens bei den französischen Behörden zu vertreten. Es sei der Regierung auch nicht bekannt, an wen sich Matt in diese Angelegenheit zu wenden hätte (LI LA RE 1914/2794 ad 2131 (Aktenzeichen 3320) Revers).