Die liechtensteinischen Ziele für die Verhandlungen an der Pariser Friedenskonferenz


Memorandum, ungez., basierend auf der Besprechung der Finanzkommission, Vertretern der Industrie sowie Emil Beck, designierter liechtensteinischer Vertreter bei der Pariser Friedenskonferenz, vom 28.2.1919 [1]

o.D. (zu 28.2.1919)

Zusammenstellung

jener Fragen, die der Vertreter Liechtensteins beim Friedenskongress vorzubringen hat.

  1. Die Sicherung der Neutralität des Fürstentums einschliesslich der Stellung des Fürstenhauses und der Exterritorialität desselben in Österreich.
    Die Frage des Anschlusses an den Völkerbund.
    Die Vorsorge, dass nicht die das Fürstentum durchziehende Strecke der österreichischen Staatsbahn als Pfand für österreichische Verpflichtungen in Anspruch genommen wird.
    Als das erstrebenswerteste erscheint die Wahrung der Neutralität und die Freiheit hinsichtlich der Wahl des wirtschaftlichen Anschlusses.
    Bezüglich der Gewährleistung der Neutralität wird auf die Militärfreiheit des Landes hingewiesen.
    Die Frage der Gerichtshöfe höherer Instanzen war bisher nach praktischen Gesichtspunkten geregelt.
    Die Wahrung der Selbständigkeit des Fürstentums auch für den Fall des Anschlusses Vorarlbergs an die Schweiz.
  2. Die Valutafrage. In dieser Hinsicht wäre die Gleichstellung Liechtensteins mit den übrigen neutralen Staaten anzustreben.
  3. Es soll angestrebt werden, dass dann, wenn die neutralen Staaten angehörenden Besitzer österreichischer Papiere keiner Vermögensabgabe unterworfen werden, diese Begünstigung auch Liechtenstein zuteil wird.
  4. Die Frage der Rohstoffversorgung.
  5. Die Vertretung Liechtensteins im Auslande. Aufklärung, warum Liechtenstein bisher von Österreich bezw. während des Krieges von den diesen letzteren Staat vertretenden Mächten vertreten wurde.
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[1] LI LA RE 1919/1144 ad 589. Ebd. ein weiteres Exemplar. Landesverweser Prinz Karl von Liechtenstein übermittelte das Memorandum mit Bericht vom 3.3.1919 Fürst Johann II. (LI LA RE 1919/1144 ad 589). Eine leicht abweichende Fassung unter LI LA V 002/0169/22. Zu den Zielen, die Liechtenstein mittels der Teilnahme an der Friedenskonferenz erreichen wollte, vgl. auch LI LA V 002/0170/05, Information von Prinz Eduard von Liechtenstein an Emil Beck, 6.3.1919.