Kaiser Franz Josef I. regelt die Hofrangordnung der sukzessionsberechtigten fürstlich-liechtensteinischen Agnaten, „ohne dass damit an deren bisherigem Verhältnisse als österreichische Staatsbürger eine Veränderung einzutreten habe“


Allerhöchstes Handschreiben, gez. Kaiser Franz Josef I. (handschriftliche Abschrift, gez. Regierungsrat Petrowsky) [1]

4.5.1888, Wien

Ah. Handschreiben vom 4. Mai 1888

Lieber Fürst [Konstantin von] Hohenlohe[-Schillingsfürst]!

Im Nachhange zu meinem Handschreiben vom 6. Juni 1886, mit welchem Ich dem, in Folge Meiner Entschliessung vom 3. Oktober 1880 [2] das Recht der Exterritorialität geniessenden Franz von und zu Liechtenstein an Meinem Hofe jene Rangstellung ausdrücklich zuerkannt habe, welche den übrigen nachgeborenen aus neufürstlichen, nach dem Datum der seinerzeitigen Introduktion in den Reichsfürstenrat [3] rangierenden Häusern eingeräumt wird, finde Ich dem neuerlichen Wunsche des regierenden Fürsten [Johann II.] von und zu Liechtenstein mit folgendem Rechnung zu tragen:

Ich bewillige den in der Regierung des souverainen Fürstentumes Liechtenstein successionsberechtigten Agnaten der Franz'schen Linie, [4] nämlich den Prinzen Alfred [Alois], Alois [Aloys], Heinrich [Karl August], Friedrich und Eduard von und zu Liechtenstein sowie ihren vollwirksam angetrauten, hoffähig geborenen Gemahlinnen und den aus diesen Ehen hervorgegangenen und daher successionsberechtigten Kindern an Meinem Hofe, ohne dass damit an deren bisherigem Verhältnisse als österreichische Staatsbürger eine Veränderung einzutreten habe, [5] den Rang, welcher der Ancienität ihres neufürstlichen Hauses entspricht, wonach dieselben – unter sich nach der Successionsfolge in ihrem Hause – zwischen den Cadeten der gleichfalls neufürstlichen Häuser Waldeck [6] und Schwarzburg-Sondershausen [7] einzuteilen kommen.

Indem ich Sie hievon behufs der in Ihrem Wirkungskreise zu treffenden Verfügungen in Kenntnis setzte, beauftrage Ich gleichzeitig den Minister Meines Hauses und des Äussern [Gustav Kalnoky von Köröspatak] den regierenden Fürsten Liechtenstein von dieser Meiner Entschliessung in Kenntnis zu setzen und das sonst Erforderliche zu veranlassen.

______________

[1] AT ÖStA, HHStA, Ministerium des Äussern, Administrative Registratur F2, Karton 53, Liechtenstein, bzw. als Kopie unter LI LA SgK 013. Die Frage nach der Staatsbürgerschaft der fürstlich-liechtensteinischen Agnaten, speziell nach jener des niederösterreichischen Landmarschalls Prinz Aloys von Liechtenstein, warf der niederösterreichische Statthalter Richard von Bienerth-Schmerling in einem vertraulichen Schreiben an das österreichisch-ungarische Aussenministerium vom 26.1.1912 auf (ebd.). Vor diesem Hintergrund wurde eine Kopie der Allerhöchsten Entschliessung vom 4.5.1888 angefertigt.
[2] Vgl. die Kundmachung des Justizministeriums vom 5.11.1880, betreffend die Zuerkennung des Rechtes der Exterritorialität an die Prinzessin Therese von Liechtenstein und den Prinzen Franz von Liechtenstein, öst. RGBl. 1880 Nr. 134.   
[3] Der Reichsfürstenrat war eine der 3 Kurien des Reichstages des 1806 untergegangenen Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation. Das Reichsfürstentum Liechtenstein stieg 1723 zum Vollmitglied der weltlichen Bank des Reichsfürstenrates auf und zwar im 57. Rang.
[4] Fürst Franz Josef I. (1726-1781).
[5] Vgl. in diesem Zusammenhang das Schreiben des österreichisch-ungarischen Aussenministeriums an das kaiserliche Obersthofmeisteramt vom 6.12.1902 betreffend den Rang des Prinzen Alfred Alois von Liechtenstein und einiger seiner Familienangehörigen am Kaiserhof nach dem Ausscheiden aus dem österreichischen Staatsverband und dem Erwerb der liechtensteinischen Staatsangehörigkeit im selben Jahr (AT ÖStA, HHStA, Obersthofmarschallamt, Neue Zeremoniell Akten, R III, Karton 235, Z. 33 (Aktenzeichen des Aussenministeriums: 79238/1) bzw. als Kopie unter LI LA SgK 055).      
[6] 1712 Erhebung in den erblichen Reichsfürstenstand.
[7] Die Zulassung zum Reichsfürstenrat erfolgte 1754.