Der Landtag ersucht die Regierung, Taxen für den Automobilverkehr in Liechtenstein zu erlassen


Handschriftliches Protokoll der öffentlichen Landtagssitzung, gez. Landtagssekretär Alfons Feger und Landtagspräsident Albert Schädler [1]

10.12.1910

Der 6. Punkt: „Antrag der Finanzkommission betr. Einführung von Automobiltaxen“ [2] löst eine längere Debatte aus; während der Abg. Dr. [Alfons] Brunhart den Autoverkehr ganz frei geben will, ist [Meinrad] Ospelt ein Gegner derselben (mit Hinweis auf unsere ländl. Verhältnisse) und [Emil] Batliner wünscht die vorgeschlagene Wochentaxe von 5 K [Kronen] bedeutend erhöht, um besonders den Luxuswagen abzuhalten, welcher die Strassen mehr ruiniere wie der Lastwagen.

Der Reg: Kom: [Regierungskommissär Karl von In der Maur] sagt, dass das Auto vielfache Belästigungen mit sich bringe, sich aber als bequemes Verkehrsmittel nicht mehr verdrängen lasse; die fstl. Regierung sei dem Landtage soweit als überhaupt möglich entgegengekommen durch Zustimmung zur Taxen-Einhebung u. durch diese werde der Autoverkehr doch eingeschränkt; es könnte eventuell auch erwogen werden, ob nicht die Fahrräder besteuert werden sollten, wie das anderwärts der Fall sei.

Der Präsident möchte das Fahrrad nicht besteuert wissen, da selbes vielfach der Arbeiterklasse als Verkehrsmittel diene; bezüglich der Höhe der Taxe hätten wir eine Mittellinie einzuhalten.

Der vorliegende Antrag werde in folgender Abänderung mit allen gegen eine Stimme angenommen: „Der Landtag beschliesst, es soll künftig der Automobilverkehr nur mehr auf den bereits bezeichneten Strassenstrecken u. gegen Zahlung von Taxen gestaltet sein. Er schlägt vor, dass für eine oder mehrere Fahrten innert einer Woche einen Wochentaxe von 5 K, für ein ganzes Jahr eine Jahrestaxe von 60 K bestimmt werde.

Zugleich ersucht der Landtag die fstl. Regierung, die näheren Ausführungsbestimmungen bis zum kommenden Frühjahr im Verordnungswege festzustellen; insbesonders wären auch die Strafbestimmungen wegen zu raschen Fahrens [3] neuerdings in Erinnerung zu bringen.“ [4]

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[1] LI LA LTA 1910/S04/2. Abweichende Fassung publiziert in: L.Vo., Nr. 50, 16.12.1910, Beilage („Bericht über die Landtagssitzungen vom 10. und 12. Dezember 1910“); L.Vo., Nr. 51, 23.12.1910, Beilage („Bericht über die Landtagssitzungen vom 10. und 12. Dezember 1910“), hier Beilage zu Nr. 50.
[2] Vgl. LI LA LTA 1910/L01 (Ziff. 6 der Tagesordnung des Landtagspräsidiums für die auf den 10.12. und 12.12.1910 anberaumten Landtagssitzungen). Vgl. in diesem Zusammenhang auch den Antrag der Finanzkommission an den Landtag vom Dezember 1909 betreffend das Verbot bzw. die Einschränkung des Automobilverkehrs (LI LA LTA 1909/L01 (Ziff. V der Tagesordnung des Landtagspräsidiums für die auf den 16.12. und den 18.12.1909 anberaumten Landtagssitzungen“). – In der öffentlichen Sitzung vom 21.12.1908 hatte der Landtag noch die Regierung ersucht, ein grundsätzliches Fahrverbot für Automobile im Fürstentum zu erlassen (LI LA RE 1908/2181 (Aktenzeichen: Z. 27/Landtag); LI LA LTA 1908/S04/2).
[3] Zu den Sicherheitsvorschriften für den Verkehr siehe den VI. Abschnitt der Verordnung vom 18.6.1906 betreffend den Vertrieb von Automobilen und Motorrädern, LGBl. 1906 Nr. 2. Übertretungen dieser Verordnung wurden nach deren § 26 gemäss der politischen Vollstreckungsverordnung vom 9.12.1858 bestraft, insofern sie nicht unter das allgemeine Strafgesetz von 1852/1859 fielen.   
[4] Vgl. das Schreiben des Landtagspräsidiums an die Regierung vom 10.12.1910 (LI LA LTA 1910/L05 (Aktenzeichen: Z. 27/Landtag)). Vgl. die Verordnung vom 17.6.1911 betreffend Einführung von Taxen für den Automobilverkehr, LGBl. 1911 Nr. 2, sowie die Verordnung vom 29.2.1912 betreffend die Einhebung von Automobiltaxen, LGBl. 1912 Nr. 1. – Statistische Angaben zum Automobilverkehr finden sich in: L.Vo., Nr. 5, 31.1.1913, S. 1 („Automobilverkehr“); L.Vo., Nr. 6, 6.2.1914, S. 1 („Automobilstatistik“).