Handschriftliches Originalschreiben des Alois Rheinberger, Nauvoo (Illinois), an Emma Rheinberger [1]
04.09.1910, Nauvoo (Illinois)
Fräulein Emma Rhbrgr. [2]
Unerwartet und mit wahrer Freude 
empfieng ich Ihr Schreiben. Lange erwartete 
ich mit jeder Post etwas von Ihnen zu hören. 
Und dan erwartete ich nichts mehr, 
fragte mich, ob ich könte Ursache einer 
Abneigung sein, und da mir vor einigen 
Tagen Carlina [Maria Josefa Karolina Good [-Marxer]] [3] aus Calif. schrieb: sie 
hätte nie eine Erwiederung erhalten, 
vermuthete ich, dass [4] man dorten der Amerikaner [5] 
müde geworden, und mochte durch eine 
Anfrage /. warum ? ./ nicht zu dringlich sein.
An eine Krankheit Ihrer seits dachte ich 
nicht, wohl aber dass Sie sehr beschäftigt 
und voll freudiger Erwartung bemüht 
wären, das bevor stehende Ereigniss schön 
für alle Betheiligten zu gestalten.
Sie haben viel zu leiden, und ich danke 
Gott mit Ihnen für Ihre Genesung. [6] 
Werden Sie nicht traurig und mutlos. 
Alle Leiden, die wir nach Gottes Willen 
geduldig und ergeben ertragen sind 
ein Trost in der letzten Stunde. 
Wenn alle genossenen Freuden dieser Welt in 
nichts zerrinnen, sind sie wie ein Engel 
der für uns um das ewige Erbarmen 
Gottes bittet. Ich wünsche aus aufrichtigem 
Herzen den Segen Gottes auf die volzogene 
Eche Ihres Herrn Bruders [Egon Rheinberger]. Hätte ich für 
meine Wünsche die Kraft der Erfüllung, 
würde alles Ungemach da ferne bleiben; 
so aber bitten wir den guten Gott um seinen 
Schutz in ihren Wiederwärtigkeiten.
Ich schrieb der Bertha [Schauer] [7] am 12t Aprill [8] 
und teilte ihr auch mit, welch traurigen 
Oster-Morgen [9] wir hatten. Meine Enkeltochter [10] 
die Therese Massberg [11], verechelichte Dayton [12] 
starb in der Charsamstag [13] Nacht um 10 und 
15 Minuten. Sie gebar 4 Wochen vorher 
ein Bübchen und alle freuten sich. [14] 
Die Geburt gieng normal [15] vorüber, 
aber am selben Tage noch erkrankte sie 
und lag in beständigem Fieber, wechselnd 
zwischen 100 und 105. Ihre Brüder und 
Schwester wurden benachrichtig und kamen 
aus weiter Ferne. Arnold [16] von Birmingham [17] 
in Alabama [18] und die Maria [19] von Lewiston [20] 
in Idaho [21], 2000 Meilen. In der Charwoche [22] 
schien eine Besserung einzutreten, und Arnold [23] 
reisete zurück. Einen halben Tag war er 
wieder daheim, da kam der Bericht, dass sie 
gestorben. Sogleich reisete er wieder ab 
und war hier zum Begräbniss.
Es ist das 8te mal, dass ich die Meinigen 
zu Grabe begleite, und alle liebte ich, aber 
mit solcher nachhaltiger Trauer, wie dieser 
hat mich keiner erfüllt. Drei kleine 
Mädchen und ein Bübchen 4 Wochen alt 
missend die Pflege, Liebe und Teilnahme 
der Mutter für ihr Leben. –
Am 29t July [24] starb auch meine [25] 
Schwester [Anna Maria Marxer [-Rheinberger]] in Sioux City [26], eine Stadt 
an der Mündung dess Sioux [27] flusses in 
den Missouri [28]. Sie wohnte lange Zeit in 
Maywood [29], einer Vorstadt von Chicago [30] bei 
ihrer Tochter und diesen Sommer wollte sie 
noch einmal ihre Söhne besuchen. 2 Tage 
vor ihrem Ende hatte sie einen leichten 
Schlaganfall, von dem sie bald erholte. 
Sie setzte sich am 29t Juli Abends mit den 
Anderen zu Tische zum essen, stand bald 
auf, fühlte unwohl und legte im Neben-
Zimmer. Bald hörten die am Tische stöhnen 
schauten gleich nach und – todt war sie. 
81 ½ Jahre alt. In Ihrer Zeitung las 
ich von dem Besuch Ihrer ehrwürdigen Tante, der 
Ordensschwester Maxentia [Rheinberger] [31]. Ich erinnere mich 
noch gut dess Mädchens, der Anna [32] [33] aus der 
Schulzeit. Die immerwährende Anschauung 
Gottes wird sie lohnen für Ihre in Ihrem 
langen Leben geübte barmherzige Liebe. [34]
Ich selbst bin für mein Alter gesund und 
keinen Tag im Jahre arbeitsunfächig. 
Die Besuche meiner Kinder ausgenommen 
wohne ich ganz einsam, schön, bequem 
und unbelästigt. Meine Tochter Josepha [Josefa Rheinberger] [35] 
ist die Nächste und gleich da, wenn etwas fehlte. 
Sie war immer der Famielie [36] guter Geist. 
Seit dem Todt der Theres [37] sorgt sie für die 
Kinder, und der Kleine gedeicht recht gut 
unter ihrer Pflege, und hat gestern das 2te 
[38] Zähnchen bekommen. Die Anna [39], 
frau Heintz [40] in Quincy [41], komt öfter um 
nach mir zu sechen. Das ist die Frömste von 
uns, sie communicirt [42] alle Tage bei 
Einmaliger Beicht in der Woche. Die Maria [43] 
ist sehr fern von uns, über 2000 Meilen 
/: das sind englische Meilen [44]:/ Mein Franz [Rheinberger] [45] 
ist mein Liebling. Ein guter Sohn, ein guter 
Hausvater und Haushälter, und ein geschätzter 
Geschäftsmann. Über das Ammergauer 
Passionsspiel [46] habe ich einen Bericht dess [47] 
Abgesandten des Papstes gelesen, und der 
ist voll dess Lobes. Ich habe aber auch 
gelesen, dass die Spieler sich bereit erklärt 
haben, in Amerika [48] Vorstellungen zu geben. 
Ich denke, dass dabei Spiel und Spieler 
an Achtung und Werth verlieren würden.
Unser Jahr 1910 ist ein Unglücks Jahr. 
Die Astronomen [49] versichern uns, dass dieser 
Halleische Commet [50] keinen Einfluss auf unsere 
Erde ausübe, und doch lehrt die Erfahrung, dass 
all die Jahre seines Erscheinens Unglücks-
Jahre waren. Soeben lese ich vom 24t 
August [51], dass [52] nachezu der ganze Panhandle 
Districkt [53] Im State State Idaho [54] [55] in hellen Flammen stünde, und 
man befürchtet dass 400 Mann beim Versuch 
zu löschen, ums Leben gekommen. Eine 
weitere Partie von 100 Mann, die 20 Meilen 
weiter nördlich [56] die Flammen bekämpfen, seien 
spurlos verschwunden.
Ich gebe Ihnen auf der anderen Seite 
einen Bericht über unsere Witterung. [57]
Unsere Witterung
1910 [58]
Winter von 9 und 10 von Anfang Deccember [59] bis 
Anfang Merz [60] mässig kalt, anhaltend, wenig 
Schnee bis zum Merz [61]. Alles war 
befriedigt von diesem Winter.
Merz [62]: schöner Anfang mit stets zunehmender Wärme 
bis zum Ende. Jeder meinte: einen solchen Merz [63] 
nie erlebt zu haben. Alles grünte und blühte.
Aprill [64] bis zum 15t ebenso. Alles verblüht 
und mit Fruchtscheinen überreich besetzt.
Am 15t trüb, stürmisch und kühler. 
Am 16t ein wenig Schnee. Wärme nach Fahrenheit [65] 30  
Am 17 Alles mit 1 Zoll Schnee bedeckt, Morgens 24, Mitt. 30 
Am 18 Schneetreiben, Morgens 24, Mitt. 30 
Am 19 Schneetreiben, Morgens 29, Mitt. 31 
Am 20, 21 und 22 kalt und trüb 
Am 23 Schneetreiben, Morgens 27, Mitt. 27 
Am 24 2 Zoll Schnee, 20-30 
Am 25 kalt und trüb 
Am 26 kalt und trüb, Morgens 30, Mitt. 37
May [66] 2t Gewitter und viel Regen
3. trüb, Morgens 34, Mitt. 42 
4 hell bei Nordwind [67], Morgens 32 
5 hell bei Nordwind [68] Morgens 32 
13 Morgens 34 [69]
Die folgenden Tage dess May [70] beständig kalt. 
Baum und Strauch blattlos wie im Januar [71].
Im Juni [72] belaubten sie sich frisch.
Die Weinstöcke trieben an so elend wie 
ein kranker Mensch, der nach langem wieder 
versucht auf die Füsse zu kommen.
Der Juny [73] brachte Wärme. Neues wachsen 
began, und jetzt sind die Weinstöcke üppig 
und gesund, aber ohne Frucht. Wir 
arbeiten umsonst und legen Geld für 
hoche Löhne dazu.
[74] July [75]: vom ersten bis zum letzten 
Viertel warm mit wenig Regen 
von da an bis zum 1t Viertel im August [76] kühl 
und auch kalt.
August [77] vom 1t Viertel bis zum letzten 
heiss und trocken.
Die Weizen Erndte befriedigt, ausgenommen im Nordwesten [78] 
Die Hafer-Erndte ungewöhnlich gross. 
Die Korn /: Türken :/ möchte die grösste 
noch verzeichnete werden, wen nicht ein zu 
früher Frost sie schädigt. Es wurde spät 
gepflanzt. [79]  
Obst keinerlei [80]. Kartoffeln wenig.
Ein unerhörter Wettersturz 
ereignete sich am 25t August. In 
Denver, State Coloredo [81] fiel der Termometer [82] 
von 93 auf 44, in Coloredo Springs [83] auf 38 
in Atchison [84], im State Kansas [85] auf 59 
und schlimmer noch soll es sein in Theilen 
dess Nordwestens [86]. 
Ich liess mir Ihre Photographie [87] 
vergrössern. Eine für den Franz, Eine 
für mich und Eine sende ich Ihnen. 
Deuten Sie es nicht übel, empfangen 
Sie dieselbe als ein Beweis meiner 
Wertschätzung Ihrer lieben Person.
Wünschend, dass Sie in dem alten 
Haus, wo sich junges Leben zu regen 
begint, noch fröhliche Tage erleben, melden 
Sie meinen Gruss Ihrer Schwester, der 
Fräulein Olga [Rheinberger] [88], und Ihrem Herrn Bruder [Egon Rheinberger] 
und Frau [Alois Maria Rheinberger [-Schädler]], und den Schauers [89].
Achtungsvoll A. Rheinberger [90]