Simon Büchel an Ulrich Öhri über das neue Dienstverhältnis von Frau Batliner bei Andreas Öhri, einige Todesfälle im Unterland, den Kirchenbau in Ruggell, die Hochzeit des Nachbarn Theodor Hassler, den trockenen Winter, den Einzug von Geldern sowie einen Rechtsstreit mit Johann Georg Hasler wegen eines Gehrechts


Handschriftliches Originalschreiben von Simon Büchel, Schellenberg, an die Familie Ulrich Öhri, Spencer (Nebraska) [1]

08.02.1898, Schellenberg

Wohlgeehrte Familie Örie!

Schon ist wieder ein Jahr verflossen
seitdem wir einander das letzte mal ge-
schrieben haben. Den 6. Februar fällt der
erste Schnee bei uns. Nun hat man
wieder Zeit genug zum Schreiben wen
man will. Wir sind alle Gott sei Dank
gesund und munter, besonders die 3 kleinen
Kinder [Rudolf, Rosina, Jakob], was ich bei Euch auch sicher hoffe.
Wie geht es der Mutter [Katharina Öhri [-Öhri]] und Dir lieber
Ulrich. Die Frau Badliner [Batliner] hat ausgehen
lassen Sie sei nicht mehr bei Dir Ulrich,
Sie sei zum Andreas [Öhri] gegangen wegen
Unzufridenheit. Neues ist dieses Jahr
viel vorgekommen, kann Dir aber nicht
mehr alle aufzeichnen. In Ruggell ist
dem Karl Hassler [2] [Karl Hasler] seine Frau [Josepha Hasler [-Kaiser]] gestor-
ben an Lungenentzündig, hinterlässt Ihm
ein Kind [Maria]. Krumes die alten [Josef Marxer, Agatha Marxer [-Heeb]] sind beide
gestorben. Dem Andreas Öhrie [Andreas Öhri] Sternnen-
wirt. [3]
ist sein Kind auch gestorben. Bartlis Julie-
anna ist in Mauren gestorben in der
Kindbett. Der Tierartzt Luis Öhrie [Alois Öhri] ist gegen-
wärtig in Kuhr. Er hat sich im Unterland
nicht gut aufgeführt besonders im Saufen
er war wenig nüchter. Die Kirche in Ruggell
ist aufgebaut. Das Innere der Kirche wird
erst nächstes Jahr gemacht. [4]  Der Xaver
Büchel in Tosters ist in der Ihl [Ill] ertrun-
cken, wie es gegangen ist, weisst man
nicht. Unser Nachbauer Theodor Hassler
hat letzten Monntag mit Wilhelmina
Büchel Hochzeit von Tosters. Er ist gegen-
wärtig in Mauren angestellt als Lehrer.
Das letzte Jahr war ziemlich gut aus-
geffalen zudem es immer geregnet hat. Die-
ser Winter ist bei uns furchtbar trocken,
so dass man das Wasser in der Weite
wieder hollen muss. Mit Mutters
Einzug bin ich noch nicht ganz fertig. Der
Frau Badliner, und dem August Büchel
habe ich
den Termin auf den ersten Mai ge-
stellt. [5]
Dan gilt es mit dem bezahlen eimal ernst.
Mit den 40 fl Die Du zu gut hast will
ich Dir Den schicken. Das andere Geld ist
in der Kasse und habe nicht gern herunter
gehollt. Wen ich eimal mit einziehen fertig
bin, will ich auf Eueres erstes Verlangen
zusenden. Ich habe dieses Jahr viel Kopfar-
beit wegen den Nachbarn. Ich lieber Ulrich
bin wegen den Hassler (Ulis) in eine sehr
schwierige Lage gekommen. Wier haben
einen Riesigen Prozess miteinander. So-
bald meine Mutter gestorben war ver-
langten Sie durch meine Hausbünd, nach
allen Anlässen zu gehen, und klagten
mich das erste, zweite, und dritte mal und
immer waren Sie verspielt, mit sammt Ihren
Zeugen. [6] Ich habe eine alte Schrift, dass Sie
nie kein Recht haben. Die frommen Leute
glauben es noch nicht, und nahmen einen
Schriftlichen Prozess an, der noch ein gan-
zes Jahr gehen kann, und der Sich weit
über 1000 Gulden belaufen kann. [7]
Bis Datum habe ich noch keinen grossen
Kummer, dass ich mit meinen Schriften ver-
spielt wäre, sonst ist den mein erster
Gedanke nach Amerika. Lieber Ulrich
ich werde wen es möglich ist Dir es später
mündlich erzählen. Schreibe Du mir wie
es Euch allen zusammen geht. Säume aber
nicht gar zu lange. Ich habe immer eine
heisse Begirde einen Amerikaner Brief
zu öffnen, und wie vielmehr zu lesen.
Haben Ihr auch Kinder. Sind Ihr vieleicht
nicht gesund, dass Ihr nicht mehr schreibt?
oder fehlt es an der Faulheit? Schreibe
Du Balbina [Marie Balbina Öhri [-Gstöhl]] wen Dein Mann zu schwach ist.
Dem Jakob in Nendeln fällt jetzt bald
der dritte Ofen zusammen. Das erste ist
gestorben, das zweite ist ein wackerer
Franz. Nun schliesse ich mein Schreiben
mit vielen Grüssen von Frau und

Simonn Büchel.

Hochachtungsvollst erwarte ich eine
recht baldige Antwort.) Das Mat-
tisle, welches bei dem Jakob ist hat die
Gelbsucht und ist eben krank.

______________

[1] LI LA PA 016/3/06/05. Brief in Kurrentschrift.
[2] Ursprüngliche Fassung: „Haẞler“. Das Eszett wird im Folgenden zu „ss“ umgewandelt.
[3] Seitenwechsel.
[4] Die Pfarrkirche St. Fridolin in Ruggell wurde zwischen 1897 und 1899 erbaut. Die Fertigstellung des Turms erfolgte 1902. Die Innenausstattung war erst 1911 weitestgehend vollendet. Vgl. Herrmann, Kunstdenkmäler Liechtenstein, Bd. I, S. 301 ff. 
[5] Seitenwechsel.
[6] Zum Rechtsstreit zwischen Johann Georg Hasler und Simon Büchel vgl. LI LA J 005/J 257/178, LI LA J 005/J 258/058 und LI LA J 005/J 257/289.
[7] Seitenwechsel.