Das "Liechtensteiner Volksblatt" berichtet über die Hochzeit von Fürst Franz Josef II. und Gräfin Gina von Wilczek


Leitartikel im "Liechtensteiner Volksblatt" [1]

9.3.1943

Der Vermählungstag Seiner Durchlaucht unseres Landesfürsten [Franz Josef II.]!

So wollte unser Volk Fürst und Fürstin [Gina] ehren und beglückwünschen

Mit etwas bangem Herzen sahen die Liechtensteiner in das Flockengewirbel vom Samstag. Die Vorfreude auf die Vermählung Seiner Durchlaucht des Landesfürsten hatte auch Sonne miteinbezogen, es durfte doch gar nicht anders sein, als dass der Himmel das Fest unseres Fürstenpaares und des Volkes auch mit der Gunst der Witterung segnete. So grüsste am Sonntagmorgen [2] dann auch die Sonne die schneebedeckten Berge und ein schöner Vorfrühlingstag zog ins Tal. Er sah Liechtensteins Volk und eine grosse Zahl von Gästen aus der Schweiz im Hauptorte zusammenströmen. Vaduz hatte sich ins Festkleid gelegt, die Via triumphalis vom Gasthaus zum Löwen bis zur Kirche erfüllte bald eine zum Sammelplatz beim Regierungsgebäude strömende Volksmenge. Den Brautzug mit den innigsten Wünschen zur Kirche zu geleiten, den Fürsten und die fürstliche Braut zu begrüssen, war doch Ehrensache eines jeden Liechtensteiners.

Seine Durchlaucht der Landesfürst, die fürstlichen Hochzeitsgäste aus den hohen Häusern Liechtenstein und Wilczek hatten sich bereits im Regierungsgebäude versammelt. Die Brautkinder aus den Gemeinden des Landes standen bereit zum Empfang der fürstlichen Braut. Unter den brausenden und immer wieder sich erneuernden Hochrufen der Volksmenge fuhr die hohe Braut in Begleitung des Vaters Herrn Grafen Ferdinand von Wilczek vor. In strahlendes Weiss gekleidet, hob sich die Fürstin von der sie umgebenden Welt ab wie eine Märchenprinzessin in zaubervollem Land. Die zwei kleinsten Ehrenbräutchen bemächtigten sich der Schleppe des Schleiers und so zog, nach allen Seiten freundlich grüssend, unsere junge Fürstin durch das Spalier der Ehrenbräutchen aus allen Gemeinden des Landes ihrem von den fürstlichen Hochzeitsgästen umgebenen hohen Gemahl im Vestibül des Regierungsgebäudes entgegen.

Es war Zeit zum Einzug in die Kirche, denn der Wagen, der die fürstliche Braut zum Regierungsgebäude gebracht, wollte immer wieder von Photoleuten festgehalten werden. Der festliche Brautzug formte sich, voran die zelebrierende Geistlichkeit mit Kreuz und Fahne, dann folgte Se. Excellenz der Landesbischof Chr. [Christian] Caminada, und vor dem fürstlichen Brautpaar das Ehrengeleite der Mädchen aus den Gemeinden des Landes. Vom gräflichen Vater geführt, schritt die fürstliche Braut und die Mutter, Ihre Kais. Hoheit Erzherzogin Elisabeth Amalia, am Arm seiner Durchlaucht und das Geleite der fürstlichen Hochzeitsgäste die vom Spalier der Pfadfinder und Pfadfinderinnen eingesäumte Strasse bis zum Kirchenportal. Dort bildeten die Trachtengruppen einen farbenvollen Abschluss des Spaliers. Ehrengäste und Presse bildeten den Schluss des Aufzuges zum festlich geschmückten Gotteshause. Kunstsinnige Hände hatten das Gotteshaus für den Trautag seiner Durchlaucht wirklich sinnig geschmückt, aus dem sanften Grün von Asperages blühten die weissen Nelken. Rechts und links vom Chore postierten sich die Vereinsfahnen aus den Gemeinden des Landes.

Die Trauung nahm der Landesbischof vor. Tiefe Stille herrschte im Gotteshause. Laut vernehmlich sprachen seine Durchlaucht der Landesfürst das Ja. Wir konnten dabei Zeuge einer ganz besonders schönen Sitte sein. Nach der Frage des Hochw. Bischofs verneigten sich Seine Durchlaucht gegen die im Chore anwesenden Durchlauchtigsten Eltern. Es war dies der Sitte gemäss die Dankesbezeugung des Kindes an die Eltern. Auch die fürstliche Braut dankte dem gräflichen Herrn Vater mit einem graziösen Hofknix, bevor sie, zum Traupriester gewendet, ihr Jawort sprach. In diesem Augenblicke betete auch ganz Liechtenstein für das Glück und den Segen seines jungen Fürstenpaares.

Was lag näher, als dass der Landesbischof im Kanzelwort die Worte über die Ehe zum Mittelpunkt seiner Predigt machte? Mit Freude sei er dem Rufe zur Trauung seiner Durchlaucht gefolgt, Glück sei einem Lande beschieden, in dem geistliche und weltliche Obrigkeit vereint den Allerhöchsten um den Segen bäten. Ein glücklich Volk auch, das heute durch das Jawort der jungen Fürstin und des Durchlauchtigsten Gemahls, gleichsam dem Fürstenpaar aufs neue angetraut, mit all seinen Sorgen und in Leid und Freud verpflichtet werde. Dieses Volk werde aber auch heute und immer in guten u. bösen Tagen zum Fürstenpaare stehen, auch ihm seine Sorgen erleichtern, die auch einmal in den Räumen des fest gefügten Residentensitzes Schloss Vaduz Einkehr halten können. Im Anschluss an das Paulus-Wort sprach der bischöfliche Prediger weiter über die Unlöslichkeit der Ehe.

Das feierliche Amt wurde von Hochw. Herrn Pfarrer [Josef] Henny von Vaduz zelebriert. Kirchenchor und Orchester hatten für den Festtag die Missa in G. von Prof. Paul Mittmann, Chordirigent von St. Michael in Breslau, einstudiert, ein herrliches Musikwerk, das in vollendeter Wiedergabe besonders im Sanktus, dann auch im Benediktus den musikalischen Höhepunkt erreichte.

Nach dem Festgottesdienste bewegte sich der Festzug zum Platze beim Rathaus. Immer wieder wurde das Fürstenpaar von herzlichen Ovationen begrüsst. Nach einem kurzen Frühstück nahm das Durchlauchtigste Fürstenpaar und die fürstlichen Hochzeitsgäste unter den begeisterten Hochrufen der zu Tausenden und Abertausenden versammelten Volksmenge auf der Ehrentribüne Platz. Kopf an Kopf füllte den geräumten Platz vom Rathaus bis zur Äulestrasse. Im Gesamtchor des Liechtensteiner Sängerbundes erklangen die mächtigen Akkorde des "Heil Dir, mein Liechtenstein!" von Toni Schmutzer. Dann nahm Herr Regierungschef Dr. Josef Hoop das Wort zur Begrüssung des Fürstenpaares, des Landesbischofs, der fürstlichen Hochzeitsgäste, der Ehrengäste und der Presse namens der Landesbehörden. Wir werden Gelegenheit nehmen, die Ansprachen des Herrn Regierungschefs und die des Herrn Landtags-Vizepräsidenten Dr. [Otto] Schädler in einer kommenden Ausgabe zur Kenntnis unserer Leser zu bringen. [3] Spontan erschollen die freudigen Beifallskundgebungen der grossen Volksmenge, verdankt durch das freundliche Zuwinken des Fürstenpaares. Den Abschluss dieser kurzen weltlichen Feier bildete die Absingung der Volkshymne unter der Begleitung der Festmusik des Hauptortes.

Das Fürstenpaar und die fürstlichen Hochzeitsgäste, der hochw. Bischof und die Spitzen von Regierung und Landtag begaben sich zum Mittagessen auf das Schloss, die Ehrengäste und die Leute vom Film, Radio und Presse waren ins Waldhotel geladen. Hier sprach während der Tafel Herr Regierungschefstellvertreter Herr Dr. [Alois] Vogt zu den Gästen. Es drängte den Sprecher zu sagen, was unser Fürst und unser Fürstenhaus dem Liechtensteiner bedeute. Der Fürst sei nicht nur der verfassungsmässige Leiter unseres kleinen Staatwesens, unser hoher Landesfürst sei auch Gestalter des völkischen u. privaten Lebens. Er sei der beste Grund, auf dem unser ganzes staatliches Leben aufgebaut sei, der Kitt, der uns zusammen halte. Die liechtensteinische Heimat wäre des grössten Reizes beraubt, wenn man ihr den Fürsten nehmen würde. Wir werden in der Folge auch auf diese mit Beifall aufgenommene Ansprache zurückkommen. [4]

Mit Spannung wurde das Escheinen des fürstlichen Paares im Waldhotel erwartet. Es bedurfte auch kaum einer Entschuldigung durch den Herrn Regierungschefstellvertreter, dass Seine Durchlaucht auf dem Schlosse unabkömmlich sei und die Gäste aufs Schloss gebeten würden. Bald war die Festgemeinde des Waldhotels auch im Schlosshofe versammelt, die Gäste wurden im Durchgang durch das Bibliothekszimmer des Schlosses einzeln zur Begrüssung empfangen. Wenn wir die Anstrengungen des Tages unseres hohen Paares bedenken, sind wir für die Aufmerksamkeit und die freundlichen Worte des Fürstenpaares an die ausländischen Vertreter und an die Landsleute gewiss besonders dankbar. Sodann erschienen Fürst und Fürstin am Eingange zum Rittersaale, wieder mit freudigen Hochrufen begrüsst. Eine feine Pointe in diesem Empfang auf dem Schlosse legte dann Herr Dr. [Edmund] Richner von der NZZ. in seiner gehaltvollen Ansprache an das Fürstenpaar im Namen der Presse und von Film und Radio. An anderer Stelle werden wir darauf zurückkommen. [5] Mit dem Grusse neuer Begeisterung verabschiedeten wir uns vom Durchlauchtigsten Fürstenpaar.

Die Feierlichkeiten wurden von Radio Zürich aufgenommen und durch Beromünster übertragen. Bereits ein Viertel vor sieben Uhr abends erfolgte eine zusammenhängende Reportage über die Welle von Beromünster. Wir Liechtensteiner sind glücklich über den glänzenden Verlauf der Vermählungsfeierlichkeiten Seiner Durchlaucht unseres Landesfürsten. Wir schätzen uns vor allem deshalb glücklich, weil sie zur grossen Huldigung an unser Fürstenpaar und an unser Durchlauchtigstes Fürstenhaus geworden sind. So wollte Liechtensteins Volk seinen Fürsten und seine Fürstin ehren. Dank sei allen, die zur Verherrlichung des Vermählungstages beigetragen haben, den Vereinen und jedem einzelnen, der seine Hand dazu lieh. Besondern Dank dann aber auch den Gästen von nah und fern, die mit uns Liechtensteinern den aus vollem Herzen kommenden Glückwunsch an die Schwelle des gemeinsamen Lebensweges unseres Fürstenpaares legten.

Möge Fürstenpaar und Volk und Land weiter in Frieden und Glück verbunden in die weitere Zukunft schreiten!

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[1] L.Vo., Nr. 29, 9.3.1943, S. 1f. Vgl. auch den Bericht in L.Va., Nr. 19, 10.3.1943, S. 1-3 ("Zur Vermählung unseres Landesfürsten Franz Josefs II."). Zur Organisation der Feier vgl. LI LA RF 215/050. Die Hochzeit fand v.a. bei schweizerischen Medien grosses Interesse. Nebst zahlreichen Zeitungen und Zeitschriften (vgl. die Ausschnitte in LI LA RF 215/050) berichtete auch die Schweizerische Rundspruchgesellschaft, zudem wurden mehrere Filme gedreht. Die sehr breite und positive Berichterstattung der Schweizer Medien gab in der sozialdemokratischen Presse Anlass zu einiger Kritik, vgl. z.B. Volksrecht, Nr. 57, 9.3.1943, S. 5 ("Ihr seid mir scheene Republikaner").
[2] 7.3.1943.
[3] L.Vo., Nr. 30, 11.3.1943, S. 1-3 ("Die Ansprachen vom Sonntag").
[4] Ebd.
[5] L.Vo., Nr. 29, 9.3.1943, S. 2 ("Dr. Richner von der 'NZZ' an das Fürstenpaar!").